Die Inhaber von Kallenbergs Eierschächtele haben sich zwei komfortable Hühner-Wohnwagen zugelegt. Die Erfahrungen mit dem mobilen Stall sind erstaunlich.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Althütte - Einen Hang zu Hühnern hat er schon in jungen Jahren gehabt. Als die Mutter ihre 200 Hennen wegen Allergieproblemen verkaufen musste, hat sich Bernd Wurst einfach acht eigene Tiere angeschafft. Auch als er sich längst entschieden hatte, Sanitär-Meister zu werden und nicht den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern in Althütte-Kallenberg fortzuführen, blieb das Federvieh eine Konstante in seinem Leben. Besser gesagt, ein Multiplikator: irgendwie wurden die Hühner nämlich immer mehr. Zuletzt waren es 50 Hennen, die die wachsende Nachfrage der Laufkundschaft über das mittlerweile ins Leben gerufene Direktvermarkterprojekt „Kallenbergs Eierschächtele“ befriedigten.

 

Im Vordergrund habe allerdings immer gestanden, dass es den Tieren gut geht, sagt Wurst. Die Hühner konnten direkt von dem Stall ins Freie und sich dort nach Herzenslust austoben. Nur eines, sagt Wurst, war nicht optimal: Nach einer Weile war die Wiese buchstäblich abgegrast, und der Auslauf geriet zu einem Schlammloch.

Genau dieses Problem hatte vor rund zehn Jahren auch eine Bauernfamilie aus dem nordhessischen Bad Sooden-Allendorf. Die Weilands aber fanden sich nicht damit ab, sondern tüftelten an einer Lösung und entwickelten eine Art fahrbaren Hühnerstall, der bei Bedarf ganz einfach an eine andere Stelle gezogen werden kann.

Die Tiere finden in dem Hühnermobil nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern alles, was das Hühnerherz begehrt: Scharr- und Sandbadezonen im Erdgeschoss, lauschige, mit Dinkelstreu ausgepolsterte Separees zum Eierlegen im ersten Stock. Den erreicht man als Huhn in gute alter Tradition über eine Hühnerleiter und findet dort neben den Legenestern ein großzügiges Mannschaftquartier mit langen klauengerechten Stangen vor. Ursprünglich habe man diese in einer Pyramidenform angeordnet, sagt Karl-Georg Froebe von Stallbau Weiland. Doch davon sei man schnell abgekommen – um die obersten Plätze hatte es ständige Streitereien gegeben. Jetzt gibt es im Schlafbereich nur noch eine einzige Hierarchie.

Für Bernd Wurst scheint das fahrbare Hühnerhotel ein Ei des Kolumbus zu sein. Im Januar hat er sich das erste Mobil für zunächst 225 Hühner angeschafft und im Sommer, weil er von der Nachfrage der Kunden schier überrollt wurde, bereits das zweite. Dieses nun ist nicht nur mit allem Komfort für seine Tiere ausgestattet, sondern erleichtert auch ihm und seiner Ehefrau Petra Hoffmann die Betreuungsarbeit. Das Herzstück ist eine multipel anwendbare Steuereinheit, die der Siemenskonzern entwickelt hat, und laut Angaben des Marketingexperten Michael Faas andernorts automatisch Rollläden hoch- und runterlassen oder Fäkalienpumpen steuern kann.

Im Hühnermobil sorgt sie dafür, dass exakt mit dem jeweiligen Morgengrauen die Rampe zum Freigehege heruntergelassen und mit Sonnenuntergang alles wieder verschlossen wird. Das sei wegen des Fuchses, aber auch aus produktionstechnischen Gründen wichtig, erläutert der Stallexperte Froebe. Die Kunst bei der Legehennenhaltung sei nämlich, die Tiere möglichst gut zu nähren. Und Essen nähmen die Hühner erfahrungsgemäß nur bei Helligkeit zu sich. Im Winter werde der Tagesablauf deshalb mit einem genau ausgeklügelten Lampenmanagement im Inneren simuliert.

Alle zehn bis 15 Tage wird das Hühnerhotel von Bernd Wurst umgesetzt. Die Grasnarbe sei dann gut gedüngt, und das Scharren der Hühner wirke wie Vertikutieren, sagt der Nebenerwerbslandwirt. Auch die Legeleistung sprengt alle Erwartungen. Während bei „normaler“ Freilandhaltung bestenfalls Werte von 80 Prozent erreicht werden, legt jedes Kallenberger Huhn zwischen 92 und 95 Eier in hundert Tagen – also fast jeden Tag eines. Warum das so ist? Bernd Wurst muss da nicht lang überlegen: „Weil unsere Hühner glücklich sind.“