Fast jede Kommune hat noch ihre Sorgenkinder in Sachen Breitbandversorgung.

Leonberg/Friolzheim - Nachrichten schreiben, Videos schauen, spielen, recherchieren oder einfach nur surfen: Das Internet ist für die meisten unersetzlich geworden. Umso wichtiger ist für die Menschen, in ihrem Zuhause – oder für Unternehmer: an ihrer Arbeitsstelle – eine schnelle Verbindung zu haben. Doch wie sieht es diesbezüglich eigentlich im Altkreis aus? Freie Fahrt auf der Datenautobahn oder stockender Verkehr? Die gute Nachricht ist: Gebiete, die fast komplett vom Netz abgeschnitten sind, gibt es kaum noch. Trotzdem hat so ziemlich jede Kommune noch ihre Breitband-Sorgenkinder.

 

Kommunen dürfen den Markt nicht beeinflussen

Oft wird dann der Ruf aus der Bevölkerung laut, warum die Politik nicht mehr tue. Das jedoch ist nicht ganz so einfach. Kommunen dürfen nicht einfach den freien Markt beeinflussen. „Es ist immer eine Frage der Zuständigkeit“, erklärt Benjamin Schweizer von der Wirtschaftsförderung in Leonberg. „Es gibt genaue Regelungen, die die Städte beachten müssen, denn eigentlich sind die Netzbetreiber für die Versorgung zuständig.“ Die bekanntesten sind die Telekom und Unitymedia, vormals Kabel-BW. Erst wenn für ein Gebiet sicher feststeht, dass auf dem freien Markt niemand Interesse daran hegt, und dieses Gebiet außerdem als unterversorgt gilt, dürfen sich die Kommunen einschalten.

Untätig sind diese ebenso wie Land und Bund meist trotzdem nicht. Überregional ist zum Beispiel „die Region Stuttgart gerade dabei, ein sogenanntes Backbone-Netz (Rückgrat) zu schaffen, in Form von Überlandverbindungen auf Glasfaserbasis“, so Schweizer. Von dort aus können dann die einzelnen Orte an das große Netz angeschlossen werden.

Bei Straßenarbeiten werden Leerrohre verlegt

Viele Kommunen nutzen zudem die Chance, Anbietern eine Gegend schmackhafter zu machen, indem sie, wenn irgendwo Straßen geöffnet werden, gleich Leerrohre verlegen lassen, die später für Kabelverbindungen genutzt werden können.

Für den Enzkreis hat sich Ende 2013 außerdem der Zweckverband Breitbandversorgung gebildet. 25 Kommunen, darunter alle vier Altkreisgemeinden, sind Mitglied, ebenso der Landkreis selbst. Die Aufgabe des Verbands ist es unter anderem, eine sinnvolle Infrastruktur für Internetanbieter zu schaffen, zum Beispiel die Orte ans überörtliche Netz anzuschließen. Das jüngste Projekt im Altkreis Leonberg waren neue Leerrohre für Friolzheim, in die später Glasfaser eingebracht werden kann.

Kommunen im Kreis Böblingen

Abgelegen heißt oft abgeschnitten

Kreis Böblingen
Wer außerhalb lebt, hat Probleme mit langsamen Verbindungen. Das spüren nicht nur die Leonberger Stadtteile.

Leonberg 70 Prozent der Haushalte in Leonberg kommen an Übertragungsraten im dreistelligen Bereich. Wo bislang allein die Telekom anbietet, die vielfach noch alte Leitungen benutzt, sind es nur bis 25 Mbit/s. Bis 2010 war vor allem in Warmbronn onlinetechnisch tote Hose. Unter zwei Mbit/s lag die Verbindungsrate, erklärt Wirtschaftsförderer Benjamin Schweizer. Dank eines Ausbaus – die Stadt Leonberg hat auch kräftig investiert – liegt der Stadtteil aktuell bei 25 bis 35 Mbit/s.

Derzeit unterversorgt seien noch das Ramtel, Silberberg, Bereiche in Gebersheim und Höfingen sowie die Mahdental-Siedlung an der Übungsstrecke des ADAC. Dies liege insbesondere an der Entfernung der Gebiete vom Hauptverteiler der Telekom und an alten Verteilerkästen. „Unsere Gespräche mit der Telekom zum weiteren Ausbau sind aber weit fortgeschritten“, erläutert Schweizer. Das Unternehmen habe Leonberg auf der Liste fürs Vectoring, noch dieses Jahr soll sich etwas tun. Auch die Stadt selbst ist aktiv und erstellt unter anderem Masterpläne zur Verlegung eigener Glasfaser-Mikrorohre.

Rutesheim „80 Prozent der Wohnhaushalte in Rutesheim können von Unitymedia versorgt werden, das sehr schnelle Verbindungen bereithält“, erklärt Stephan Kimmerling vom städtischen Tiefbauamt. Zweiter Anbieter ist die Telekom, die 2017 mit dem Vectoring-Ausbau starten wird. „Dann sind mindestens 50 Mbit pro Sekunde möglich, zum Teil noch deutlich mehr“, sagt Kimmerling. Momentan müssen sich die Nutzer der Kupferkabel mit zwölf Mbit, im schlechtesten Fall mit drei Mbit/s zufriedengeben. Betroffen ist vor allem der Stadtteil Heuweg, der noch gar keinen Zugriff auf das schnelle Netz hat. Die Neubaugebiete Vallon II in Perouse und Taläcker in Rutesheim werden solche Probleme nicht haben. Dort hat auch die Telekom bereits Glasfaserkabel verlegt – direkt bis an die Häuser.

Renningen Das einstige Sorgenkind Malmsheim ist keines mehr. Dort hat vor zwei Jahren ein gemeinsames Projekt mit der Telekom wesentliche Verbesserungen gebracht, berichtet Renningens Bürgermeister Wolfgang Faißt. „Davor lagen wir zum Teil bei unter einem Mbit pro Sekunde, der Ortskern war sehr betroffen.“ Jetzt seien es durchschnittlich um die 20 bis 25, wobei das auch nur „mittelfristig ausreichend“ sei, sagt Faißt. Die Stadt selbst investierte 150 000 Euro, um zum Beispiel Leitungen zu verlegen, auch für dieses Jahr ist ein entsprechender Betrag eingeplant, um letzte verbliebene weiße Flecken anzugehen.

Ganze 250 000 Euro hatte Renningen sogar für den Ausbau des Netzes im Gewerbegebiet Raite nördlich der Bahnlinie bereitgehalten. Dann aber die glückliche Fügung: Unitymedia entschied sich, selbst für einen Ausbau zu sorgen. Das Geld blieb also in der Stadtkasse. Auch die Telekom möchte ihre Leitungen in diesem Bereich verlegen. Verbesserungen stehen auch bald dem Gewerbegebiet Heimsheimer Weg bevor.

Weissach „Der Ortsteil Weissach ist mit durchschnittlich 6 bis 16 Mbit/s ,gut’ versorgt“, sagt der Bürgermeister Daniel Töpfer. Je nach Anbieter seien sogar bis zu 100 Mbit/s möglich. „Während im Ortsteil Flacht in großen Teilen noch Versorgungsraten von lediglich ein bis drei Mbit/s anzutreffen sind.“ Das Maximum sind 16. Insofern bestehe dort deutlicher Verbesserungsbedarf, auch was die Modernisierung des derzeitigen Kabelnetzes anbelange.

In den Gewerbegebieten sei die Versorgungslage aufgrund bereits verfügbarer oder geplanter Glasfaserkabel deutlich besser. Gespräche laufen mit unterschiedlichen Netzbetreibern. Nur „seitens der Telekom herrscht seit langer Zeit ,Funkstille’, Bestrebungen für eine Verbesserung der Situation sind überhaupt nicht zu erkennen“, bedauert Töpfer. Die Gemeinde wird nun selbst tätig. Im Zuge des anstehenden Umbaus der Ortsdurchfahrt Flacht möchte sie zum Beispiel die Infrastruktur für ein Glasfasernetz in den Boden einlegen.

Weil der Stadt „Aus Merklingen, Weil der Stadt und Schafhausen haben wir nahezu keine Beschwerden“, sagt der stellvertretende Stadtkämmerer Andreas Bauer. Probleme habe es in der Vergangenheit eher mit Hausen und Münklingen gegeben. Die seien jedoch inzwischen behoben. Erst vor einiger Zeit hat die Stadt dort durchgehend für ein FTTC-Netz gesorgt. Letztlich laufe das auf 20 bis 50 Mbit/s hinaus. Die NetCom BW betreibt dort das städtische Netz. „Gleichzeitig haben wir in den zwei neuen Baugebieten in Münklingen, Kuppelzen und Blockweg, sowie im Gewerbegebiet in Münklingen FTTB eingebaut“, erklärt Bauer.

Das Thema hatte in der Vergangenheit für einige Furore gesorgt, da die Telekom ursprünglich angegeben hatte, an beiden Stadtteilen nicht interessiert zu sein. Dann brachte sie sich aber doch in den Ausbau ein, wodurch Münklingen und Hausen jetzt doppelt versorgt sind. „Da laufen zwei Infrastrukturen nebeneinander, was dem Bürger vor Ort nur schwer zu vermitteln ist – und auch nicht Absicht der Stadt war.“

Kommunen im Enzkreis

Betriebe brauchen Tempo

Enzkreis
Während Heimsheim flächendeckend gut dasteht, kämpft Friolzheim seit Jahren um eine Verbesserung für die weißen Flecken.

Heimsheim „Wir sind vergleichsweise gut aufgestellt“, sagt Heimsheims Bürgermeister Jürgen Troll. „Wir haben flächendeckend eine Versorgung von 50 Megabit pro Sekunde.“ Erst 2015 wurde das Netz ausgebaut, davor waren auch schon 16 Mbit/s flächendeckend möglich. In diesem Fall ist die Telekom aktiv geworden, um für eine bessere Internetverbindung in der Stadt zu sorgen. 50 Mbit seien sogar das Minimum. „Es gibt Stellen, an denen deutlich mehr drin ist.“

Im gewerblichen Bereich gebe es natürlich Anfragen nach schnelleren Verbindungen, „die benötigen zum Teil 100 Mbit und mehr“, so Troll. Die Anfragen habe man gesammelt und beim Zweckverband eingereicht. Im Gewerbegebiet Egelsee an der Autobahn liege Glasfaser unter der Erde, weil dort der IT-Bereich der Sparkasse Pforzheim investiert hat. „Sich dort einzumieten, ist schon viele Jahre möglich.“

Mönsheim Auch Mönsheim ist nach jetzigem Stand gut versorgt, sagt Bürgermeister Thomas Fritsch. Zumindest im Vergleich zu anderen kleinen Kommunen, „da geht es auch ganz anders“. Im Ortskern, wo die Telekom vertreten ist, erreichen die Haushalte mindestens 16 Mbit pro Sekunde. Allerdings möchte diese in naher Zukunft im Ortskern ihre Verteilerkästen aufrüsten, so Fritsch. „In den Randbereichen hat Unitymedia zum Teil auch schon Glasfaser verlegt.“

Im Neubaugebiet Gödelmann wurde zu dem Thema vor einigen Jahren eine Abfrage gestartet. Diese ergab: Die abgelegensten Häuser kämen dort demnach noch auf fünf bis sechs Mbit/s. „Das reicht für den täglichen Bedarf, aber wir möchten es gerne weiter abdecken.“ Glücklich ist Fritsch über die Entwicklung im Gewerbegebiet zusammen mit dem benachbarten Friolzheim. „Dort wurden vor vier bis fünf Jahren Glasfaserkabel verlegt.“

Wimsheim Wie in Mönsheim ist man auch inWimsheim zufrieden mit der Versorgungsrate. „Wir haben flächendeckend mindestens 16 Mbit pro Sekunde“, erklärt der Bürgermeister Mario Weisbrich. Im Ortskern geht es zum Teil noch weit schneller – ebenso im Baugebiet Frischegrund (ab der Verlängerung des Tannenwegs). „Dort hat Unitymedia im Rahmen der Erschließungsarbeiten Glasfaser verlegt und ebenso in der Ortsmitte am Rathaus.“ Im gewerblichen Bereich seien die meisten großen Unternehmen selbst aktiv geworden, um eine gute Verbindung zu erhalten. Die Notwendigkeit für mehr sei aktuell nicht so hoch, „aber man muss trotzdem dranbleiben“.

Friolzheim Nur selten klaffen die Lücken so deutlich auseinander wie in Friolzheim. „Etwa 50 Prozent des Ortes werden über Unitymedia versorgt, da sprechen wir von 50 bis 100 Mbit pro Sekunde“, sagt Bürgermeister Michael Seiß. Die andere Hälfte ist an die Telekom gebunden. Und die Übertragungsraten in deren Netz lägen im Bereich von stellenweise unter einem Mbit pro Sekunde bis zu sechs in der Ortsmitte. In einzelnen Bereichen, östlich der Autobahn, seien zumindest 13 bis 25 Mbit/s möglich.

Die schlechte Versorgung sei jedoch nicht auf spezielle Gebiete eingrenzbar, je nach Anbieter „ist das zum Teil von Straßenzug zu Straßenzug verschieden“, erklärt Seiß. Daran wird sich nun bald etwas ändern. Wie berichtet, sollen bis Ende des Jahres im gesamten Gemeindegebiet über die Anschlüsse der Telekom Bandbreiten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde im Downstream möglich werden – dank des Vectoring-Verfahrens.