Das Fernsehprogramm zum Christfest bietet eine wilde Mischung aus allen möglichen Genres. Doch der geneigte Zuseher muss auch einige Abstriche in Kauf nehmen: Einstige Fixpunkte sind radikal gestrichen worden.

Ludwigsburg: Marius Venturini (mv)

Altkreiswohnzimmer - Weihnachten, das Fest der Liebe und Besinnlichkeit. Familien kommen zusammen, es gibt – ganz unreligiös betrachtet – Geschenke, gutes Essen und Weihnachtslieder. Kurz: alle haben sich lieb. Wer denkt da schon an die Glotze?

 

Nicht mal die Verantwortlichen bei den großen TV-Sendern scheinen das zu tun. Sie servieren ein krudes Programm, das kreuz und quer Ausreißer in alle möglichen Richtungen bereithält – mal schnulzig-romantisch, mal krachig-brutal. Man könnte meinen, es sei alles so wie immer. . .

Aber: es soll ja tatsächlich Leute geben, bei denen an den Feiertagen kein striktes Fernsehverbot herrscht. Für die könnte man das, was am 24., 25. und 26. Dezember (und kurz davor) über den Bildschirm flimmert, in mehrere Kategorien einteilen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit natürlich.

Kategorie 1: Pflichtprogramm Ein großer, ach was, ein epochaler Fernsehskandal! Beim Blick in die TV-Zeitschrift (ja, manche haben so was noch) kann einem ganz anders werden. Also je nach dem, wie man zu den betreffenden Filmen steht. Da wäre zunächst. . .

. . . Skandal Nummer eins: „Sissi“ fällt aus. „Mein Gott, Franz, warum nur?“, hört man die Kaiser(innen)treuen millionenfach fragen. Auch die Mitglieder der LKZ-Redaktion, allen voran die Leonberg-Redakteurin Ulrike Otto, waren noch in der zweiten Adventswoche überzeugt: die österreichische Kaiserin würde wieder ein Fixpunkt unter den Feiertagsfilmen werden. Doch nix da. Einzig unsere österreichischen Nachbarn dürfen sich freuen (oder auch nicht, wie gesagt), wenn auch nicht pünktlich zu den Festtagen: im ORF schwingt Sissi schon am 22. Dezember von 13.05 Uhr an das Franzbein.

Skandal Nummer zwei: „Stirb Langsam“ gibt’s nur gegen Geld. Wer am 23. Dezember um 20.15 Uhr sehen will, wie Bruce Willis alias Polizist John McClane böse Buben möglichst blutig zur Strecke bringt, braucht den Bezahlsender „Kabel 1 Classics“. Komisch, denn auch die Reihe der „Stirb Langsam“-Filme hatte sich mit den Jahren ihren festen Platz im Weihnachtsprogramm erkämpft. Wobei der dritte Teil immer noch der beste ist. Meint zumindest der Verfasser. Aber das nur am Rande.

Doch Fakt ist in diesem Jahr: Nur die wenigsten werden am Tag vor Heiligabend mitbekommen, wie McClane mit einem lockeren „Yippieh-Ya-Yeah, Schweinebacke!“ auf den Lippen den Gangsterboss Hans Gruber vom Dach des „Nakatomi-Plaza“-Hochhauses schmeißt.

Doch es gibt auch Lichtblicke beim Durchforsten des Programmhefts. Das Erste zeigt kurz vor Weihnachten gleich zweimal den „Kleinen Lord“ in der Version von 1980 – heute Abend und am Sonntag, 22. Dezember (mittags). Wie bei „Sissi“ gehen auch bei diesem Streifen die Meinungen auseinander. Den einen stellen sich allein beim Gedanken an den Film die Nackenhaare auf. Andere, wie unser stellvertretender Redaktionsleiter Rafael Binkowski, können es kaum erwarten. Der Verfasser erlaubt sich lediglich folgenden Kommentar: Alec Guinness, der im „Kleinen Lord“ eine der Hauptrollen spielt, ist als Obi-Wan Kenobi in Star Wars viel, viel cooler gewesen.

Weiter geht’s mit Action satt

Kategorie 2: Krach, Bumm, Peng Davon hat das Weihnachtsprogramm einiges zu bieten. Nix mit besinnlich. Hier ein paar Auszüge aus dem großen Kino zum Fest: Am Heiligabend gehen RTL mit „Matrix“ und Sat 1 mit „Die Letzte Festung“ actionmäßig in die Vollen. Besonders schmerzfrei zeigen sich die Macher von Kabel 1: Dort darf um 22.10 Uhr der Höllenjunge „Hellboy“ sein Unwesen treiben.

Auch am ersten Feiertag fliegen die Fetzen. Die sind mal extraterrestrischer Art (Pro 7: „Cowboys & Aliens“), mal menschlicher (Vox: „Hannibal“), mal. . . ja, was eigentlich (Kabel 1: „Highlander“)?

Am zweiten Weihnachtsfeiertag dasselbe Spiel: Auf Sat 1 lässt es der Ober-Roboter Optimus Prime in „Transformers 3“ ordentlich krachen. Den dritten Teil einer Filmreihe bietet auch RTL: „Matrix Revolutions“. Dritte Teile sind ja oft die besten Teile, siehe „Stirb Langsam“ – aber nicht in diesem Fall.

Kategorie 3: die Öffentlich-Rechtlichen Machen wir es kurz: Der „Heiligabend mit Carmen Nebel“ wird dem ZDF eine Bombenquote bringen. Genau wie einen Tag später die „Helene-Fischer-Show“. Das Traumschiff darf am 26. Dezember natürlich auch nicht unbeachtet vorbeischippern – wobei das eigentlich schon fast zum Pflichtprogramm gehört.

Und die ARD? An Heiligabend wird es wahrlich weihnachtlich, mit dem Film „Die Liebe kommt mit dem Christkind“ (ächz). Das Abendprogramm am zweiten Feiertag startet kaum weniger beschaulich: mit den Fernsehfilmen „In aller Freundschaft – Bis zur letzten Sekunde“ und „Um Himmels Willen – Mission unmöglich“. Aber dann lässt auch das Erste mit „James Bond – Stirb an einem anderen Tag“ noch ordentlich einen raus. Krimizeit ist dann am zweiten Feiertag: „Tatort“ und „Wallander“.

Fazit Was man sich an und um Weihnachten im TV antun will, ist natürlich jedem selbst überlassen. Vielleicht bleibt der Flimmerkasten ja auch ganz aus. Unsere Volontärin Elisa Wedekind schwört zum Beispiel auf ein „glotzenloses“ Fest. Wer dies nicht tut, hat wahrscheinlich seine Pflichttermine. Ähnlich wie „Dinner For One“ an Silvester. Beim Verfasser dieser Zeilen sind das übrigens: „Loriot: Weihnachten bei Hoppenstedts“ und „Familie Heinz Becker: Alle Jahre wieder“. Und diese Sendungen laufen in diversen Dritten sowohl an Heiligabend als auch am ersten Weihnachtsfeiertag unzählige Male. Oh, Du Fröhliche!