Rund 1000 Altpietisten haben bei ihrem Treffen in der Stuttgarter Liederhalle ihren Glauben gefeiert. Ihr Credo: Auch in schwieriger Zeit lässt sich aus der Bibel Hoffnung schöpfen.

Rund tausend Altpietisten haben am Sonntag in der Liederhalle „Heile Welt – das Fest für alle Generationen“ gefeiert. Dabei schien „Der Apis“, wie sich der 1857 gegründete Evangelische Gemeinschaftsverband Württemberg e. V. unterm Dach der Landeskirche nennt, das „Heile Welt“-Motto angesichts der Umstände der Zeit selbst etwas unwirklich, weshalb im Hegel-Saal gelegentlich für dialektische Wechselspannung gesorgt wurde. Etwa nach einem „Lobpreis-Block“ mit poppigem christlichem Liedgut, als Tagesschau-Schnipsel mit Kriegsbildern aus der Ukraine eingespielt wurden, verschnitten mit einem Schlenker zum „Exodus aus der katholischen Kirche“.

 

Heile Welt aber gebe es nicht einmal in der Kirche, befand der neue Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl auf die entsprechende Frage des Moderators. Er spreche lieber von „Chancen und Schwierigkeiten“, und die eigentliche Herausforderung sei sowieso, „dass es nicht mehr selbstverständlich ist, dass Menschen in der Kirche sind“. Dem gelte es mit einer Haltung zu begegnen: „Ein Hoffnungsraum, mit dem wir in die Welt hineinwirken.“ Das „Gebot der Stunde“ sei deshalb auch „Selbst-Vergewisserung“, als die er später die Veranstaltung insgesamt resümierte.

Landesbischof Gohl: Altpietisten nicht in Schublade stecken

Im Übrigen auch die melodramatisch inszenierte Leidensgeschichte der Sängerin Déborah Rosenkranz um Selbstzweifel, Magersucht und Vergewaltigung, die „in der Tradition pietistischer Lebenszeugnisse“ gezeigt habe, „wie Gott uns im Leben helfen kann“. Gohl wollte auch nicht gelten lassen, dass die Apis „die konservative Fraktion in der Landeskirche“ sei: „Diese Schubladen helfen uns nicht. Es geht um unterschiedliche Möglichkeiten, Menschen für das Evangelium zu gewinnen. Da macht Apis gute Arbeit.“

„Wer glaubt, hat es auch nicht leichter“, befand Hauptredner Michael Herbst, emeritierter Theologie-Professor. Der Krieg gegen die Ukraine mache ihn fassungslos, „und wenn wir zurückblicken vor Krieg, Pandemie, Inflation und Energiekrise, sehen wir eine beinah heile Welt“. Christen, „Pietisten allzumal“, helfe in einer Welt, in der „Krise das neue Normal“ sei, „der Griff nach der Bibel“. Er führte den alttestamentarischen König David an, dessen Bedrängnis seine Exegese galt, und schloss: „Am Ende werden die Übeltäter straucheln.“