Einer Tierfreundin flattert ein Bußgeldbescheid ins Haus, weil sie Gänse fütterte, was erlaubt ist. Die Frau beklagt das rambohafte Auftreten der Ordnungshüter.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Der Schreck sitzt tief. Und wenn Isabella Zipperer davon erzählt, was ihr am Mittwoch, 10. Februar, nachmittags am Feuersee widerfahren ist, dann wird ihre Stimme noch immer dünn und zittrig. Für manch einen wäre es nur eine Fußnote im Wochenbericht, für Isabella Zipperer aber handelt es sich um ein höchst verstörendes Ereignis.

 

Die 51-jährige Tierliebhaberin wohnt wenige Minuten vom See entfernt, beobachtet und fotografiert gerne die dort lebenden Vögel. Zurzeit hat Zipperer die Nilgänse im Visier. Um sie näher vor die Linse zu locken, streut sie auch mal ein paar Flocken und Körner aus. „Plötzlich kam ein Auto auf den Platz hinter die Kirche gerast und stoppte direkt vor mir. Drei Beamte stiegen aus: Was ich da mache, ob ich nicht wissen würde, dass es verboten ist, Tiere zu füttern.“ Sie habe versucht, sich zu rechtfertigen, sie füttere doch gar nicht. Im Gegenteil, regelmäßig mache sie Leute darauf aufmerksam, dass sie den Vögeln nichts Gutes tun, wenn sie ihnen tütenweise Brot hinwerfen oder gar Chips und die Reste aus Fast-Food-Kartons.

In flagranti erwischt

Das Reden, so die Vogelfreundin, habe nichts genutzt. „Laut“ und „aggressiv“ habe insbesondere eine der Gemeindevollzugsbeamten auf sie eingeschimpft: „Sie kriegen jetzt eine Anzeige!“, habe die Uniformierte sie angeharscht. Sie sei sich wie ein unartiges Kind vorgekommen, dass man schurigelt, sagt Zipperer. Am Ende habe sie keinen Ton mehr herausgebracht. „Der Auftritt hat mein Vertrauen in die Ordnungshüter nachhaltig erschüttert!“, sagt Zipperer. Sie ist nach dem Vorfall eilig nach Hause gehuscht, zu Lucy und Luca, ihren beiden sprachbegabten Gelbscheitelamazonen. Ihr Gesicht hellt sich wieder auf: „Lucy ist sehr musikalisch, sie kann sogar die ’Königin der Nacht’ singen.“ Sie kenne sich aus mit Vögeln, sie wisse was sie zum Leben brauchten und was nicht.

Mittlerweile ist Zipperer eine schriftliche Verwarnung samt Verwarnungsgeld ins Haus geflattert. 35 Euro soll sie bezahlen, weil sie „verbotswidrig wild lebende Tauben gefüttert“ haben soll. Der Bescheid kam schnell – allerdings ist Eile auch gebote, weil eine Ordnungswidrigkeit schon nach drei Monaten verjährt. Zipperer hat gegen den Bescheid Einspruch eingelegt – und das, obwohl sie vergleichsweise günstig davon gekommen ist.

Üblicherweise liege die Bußgeldhöhe bei 50 Euro, staffelte sich aber rasch im Wiederholungsfall, sagt Stefan Praegert, Leiter der Dienststelle für allgemeine Sicherheits- und Ordnungsangelegenheiten beim Ordnungsamt. Renitenten Fütterern könne bis zu 200 Euro aufgebrummt werden. Die Füttererei ist üblicherweise eine Angelegenheit des Gemeindevollzugsdienstes. Aber es kommt schon mal vor, dass Polizeibeamte Leute deswegen verwarnen. Die Polizei leitet die Anzeige dann an das städtische Ordnungsamt weiter, das ein Bußgeld verhängt. Praegert gibt zu, dass ihm das massive Auftreten der Gemeindevollzugsbeamten unangemessen erscheint – „sofern es sich denn wirklich so abgespielt hat. Normalerweise reicht es, wenn man die Leute mündlich verwarnt, nachdem man sie in flagranti beim Füttern erwischt hat. Bei der Dame von Feuersee wäre das bestimmt auch so gewesen“.

Faible für afrotropische Entenvögel

Rein rechtlich betrachtet, hätte Isabella Zipperer den Nilgänsen vom Feuersee ganze Hafersäcke verfüttern können, ohne sich strafbar zu machen. Die Polizeiverordnung der Stadt gegen das Füttern bezieht sich nämlich bloß auf Tauben, Enten und Schwäne. Zipperer steht aber auf Gänse, auf ihrem Tablet-Computer speichert sie zahllose Fotos, die sie am Feuersee von dem afrotropischen Entenvogel geschossen hat. Sie meint, bei den Tieren eine ausgeprägte soziale Ader entdeckt zu haben, und ist gerührt von der Fürsorglichkeit des Gänsevaters und der friedlichen Nachbarschaft. „Mit den Enten funktioniert es ganz gut.“

Frei fliegende Gänse gab es bis vor ein paar Jahren in Stuttgart nicht, daher bestand auch keine Notwendigkeit, ihre Fütterung zu verbieten, erklärt Stefan Praegert. In den vergangenen Jahren erst seien sie regelmäßig aufgetaucht – am Feuer- und am Max-Eyth-See etwa. Entsprechend wolle die Stadt nun die Satzung ändern und die Gänse ins Fütterverbot eingemeinden. „Das steht dieses Jahr an.“