Dass Fasten gesund ist, ist mittlerweile wissenschaftlich bewiesen. Ab und zu mal eine Fastenwoche einzulegen, gehört für viele inzwischen fest zur Jahresplanung. Sie alle plagt jedoch die Frage, wie man danach die Kurve zurück in den Alltag findet.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Berlin/Ludwigshafen - In der dritten Woche danach habe sie dann schon wieder Bärlauchknödel gegessen, sagt Marta lachend. Und antwortet damit auf die Frage nach der Nachhaltigkeit ihrer jüngsten Fastenerfahrung und dem Bestreben, etwas von dem neuen Ernährungsbewusstsein in den Alltag zu retten. Denn Fasten ist einigermaßen leicht – anschließend wieder in eine Balance im Alltag zu kommen und nicht in den alten Trott zu verfallen schon weniger. Mit ihrem Ringen, die erworbene – auch psychische – Leichtigkeit in den Alltag hinüberzuretten, ist Marta nicht allein. Auch wer sich für die vorösterliche Fastenzeit nur Abstinenz von Schokolade, Alkohol, Internetsurfen oder gar dem Autofahren verordnet hat, steht bei aller Vorfreude auf die kommenden Genüsse vor der Frage der richtigen Dosierung. Denn was auch immer die Menschen eine Zeit lang aus ihrem Leben verbannen, sie setzen dabei auf eine Zurücksetzung ihrer Kräfte durch Verzicht. „Sich wieder richtig gesund zu ernähren“ ist das Mantra fast aller Heilfaster für die Zeit danach.

 

Marta kauft von jeher bewusst ein und verzichtet auf Schweinefleisch. Aber die Einladungen bei Freunden bringen auch die Frau mit Vorsätzen im Moment ziemlich aus dem Tritt. Allzu unglücklich wirkt sie drei Wochen nach dem Fastenbrechen dennoch nicht. Sie sagt frei heraus, dass sie privilegiert sei und für qualitätvolle Nahrung das nötige Geld habe. Marta gehört zu den Menschen, über die Andreas Michalsen (55), Professor für Naturheilkunde an der Berliner Charité und so etwas wie der aktuelle Fastenpapst, wohl sagen würde, dass er für sie wenig tun könne, da sie eh schon vieles richtig machen. Denn der Facharzt für Innere Medizin und Chefarzt der Abteilung Naturheilkunde am Berliner Immanuel-Krankenhaus setzt langfristig bei seinen Patienten auf eine Veränderung ihres Lebens- und Ernährungsstils. Michalsen gibt zu, dass er selbst manchmal erstaunt ist, dass auch Menschen eher bildungsferner Schichten sich von den Fastenerfolgen überzeugen lassen. Auch sie gehören in dem öffentlichen Krankenhaus zu Michalsens Patienten.

Heilfasten hilft bei vielen chronischen Erkrankungen

Dafür, wie gesund das ist, hat der Mann aus Bad Waldsee, selbst seit gut 15 Jahren regelmäßiger Faster, nun auch wissenschaftliche Erkenntnisse auf seiner Seite. Die Zeit, in der manche Ärzte über den Begriff Entschlacken lediglich amüsiert hüstelten, sind längst vorbei. Michalsens Studien belegen die gesundheitsfördernde Wirkung des Fastens bei vorwiegend chronischen Erkrankungen. Bei Schmerzen, Bluthochdruck, Arthritis, Rheuma und chronischer Erschöpfung, leichten Depressionen, Diabetes II, Allergien und Herz-Kreislauferkrankungen „steht es der Schulmedizin in nichts nach“, erklärt er. In einem Forschungsverbund, zu dem auch der Grazer Arzt Frank Madeo gehört, untersucht Michalsen zudem die Wirkung des regelmäßig wiederkehrenden Nahrungsmittelverzichts auf die Gesundheit.

Marta geht die Sache eher pragmatisch an. Sie ist jetzt 53 Jahre alt, hat schon so einige Höhen und Tiefen in ihrem Leben durchlebt. Über lange Jahre hat sie einen Patchworkhaushalt mit vier Kindern und einem viel beschäftigten Manager als Ehemann geschmissen. Die gelernte Buchhändlerin lebt seit Kurzem wieder in der Nähe von Wien. Nach neun Jahren in Deutschland ist sie zurück in Österreich. Sozusagen auf dem Heimweg von Deutschland nach Österreich hat sie am Bodensee Station gemacht. Angebote für ein begleitetes Fasten gibt es quer durch Deutschland und an entlegeneren Orten wie etwa dem Sinai sowieso. Marta entschied sich fürs Näherliegende und quartierte sich eine Woche in Bodman-Ludwigshafen ein, einen Teil ihres Hausstandes hat sie schon mal in ihr Auto geladen. Die Frau plant effektiv. Aber irgendwann kann auch ihr alles mal zu viel werden.