Wer als Amateur bei einem Sportverein unter Vertrag steht oder sich ehrenamtlich engagiert soll nicht den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Sport-Funktionäre zeigen sich erleichtert, da die Vereine nun dem Verwaltungsaufwand entgehen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Der gesetzliche Mindestlohn birgt etliche Tücken. Darüber streitet die große Koalition, seit es ihn gibt. Sportvereine werden damit größtenteils nicht mehr behelligt. Das hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Montag in Gesprächen mit Vertretern des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) klargestellt.

 

Demnach unterliegen Vertragsamateure nicht dem Mindestlohngesetz. „Die Zukunft der Vertragsamateure ist gesichert“, verkündete die Ministerin Nahles nach dem Treffen mit den Sportfunktionären. Allein im Fußball gibt es 8800 solcher Spieler, die für ihren Einsatz Aufwandsentschädigungen erhalten, um sie an den jeweiligen Verein zu binden. Solche Verträge hätten mit klassischen Arbeitsverhältnissen nichts zu tun, betonte der DFB-Schatzmeister Reinhard Grindel. Es gebe jetzt „etwas mehr Rechtssicherheit“, sagte der DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

Aufwandsentschädigungen statt Minijobs

Die 90.000 Vereine in Deutschland seien darüber hinaus darauf angewiesen, dass Mitglieder viele Aufgaben ehrenamtlich erledigen. „Der deutsche Sport lebt nur davon, dass sich so viele engagieren“, sagte Hörmann. Für ehrenamtlichen Einsatz sollen die Vereine keinen Mindestlohn bezahlen müssen. Sie werden damit auch von den umfangreichen Dokumentationspflichten befreit. Die Helfer sollen aber weiterhin eine Aufwandsentschädigung erhalten können. Allerdings sollten Arbeiten dieser Art nicht als Minijobs angemeldet werden. Aufwandsentschädigungen sind bis zu einer Höhe von 2400 Euro im Jahr steuerfrei („Übungsleiterpauschale“).

Für hauptamtlich beschäftigte Mitarbeiter von Sportvereinen gelten diese Ausnahmen nicht. Für sie wäre unter Umständen auch der Mindestlohn zu bezahlen. Es sei wichtig, genau zu regeln, wo das Ehrenamt beginnt und wo es endet, sagte DOSB-Präsident Hörmann.

„Ich freue mich über das hervorragende Ergebnis. Für Spieler und die vielen Ehrenamtlichen an der Basis wurde eine praxisnahe Lösung gefunden, die ihr großes Engagement würdigt“, so kommentierte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Vereinbarungen mit der Ministerin. Nahles zeigte sich nach dem Treffen sicher, dass nun die Unsicherheiten in den Vereinen ausgeräumt werden konnten.

„Der Mindestlohn ist ein bürokratisches Ungetüm“

Der CDU-Abgeordnete Eberhard Gienger, sportpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Vereinbarung sei sinnvoll und ein gangbarer Weg. Gerade in den unteren Spielklassen war die Verunsicherung groß, seit es den Mindestlohn gibt. Die Vereinigung der Vertragsfußballspieler hatte sich dafür ausgesprochen, diesen auch im Spielbetrieb zu zahlen. Viele Sportler, so die Spielergewerkschaft, verdienten in den unteren Ligen derzeit vier Euro pro Stunde, arbeiteten aber teilweise hundert Stunden und mehr im Monat unter Profibedingungen.

Der Landessportverband Baden-Württemberg (LSV) begrüßte die Nachricht aus Berlin: „Das ist ein großer Fortschritt“, sagte der LSV-Präsident Dieter Schmidt-Volkmar. Der Dachverband des Sports im Südwesten hatte gefordert, den gesamten organisierten Sport vom Mindestlohngesetz auszunehmen. Das ist weiter das Ziel des LSV. „Wenn die Politik es ernst meint mit ihren Aussagen, dass ehrenamtliche Arbeit so gut es geht von Verwaltungsaufwand freigehalten werden soll, dann darf es den Mindestlohn im Sport nicht geben“, sagte Schmidt-Volkmar am Montag: „Er ist ein bürokratisches Ungetüm, das den Vereinen und seinen Ehrenamtlichen Kraft und Zeit raubt für die eigentliche Arbeit.“