Der US-amerikanische Online-Konzern Amazon will mit seinem Bestellen mit einem Knopfdruck die Konsumwelt revolutionieren. Verbraucherschützer warnen und haben Klage eingereicht.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - „Einkaufen – einfach wie nie!“ So wirbt Amazon für das „bequeme 1-Click-Bestellen nach Hause“. Geht es nach dem US-Internet-Konzern, werden Verbraucher weltweit bald nur noch auf einen Knopf drücken, wenn daheim Klopapier, Kaffeefilter, Kondome oder Katzenfutter zur Neige gehen. Ohne weitere Mühe wird dann automatisch eine neue Lieferung ausgelöst. Dash-Buttons heißen die kleinen WLAN-Bestellknöpfe, die Amazon voriges Jahr zunächst für seine Prime-Kunden in den USA eingeführt hat. Seit September können auch deutsche Kunden die Plastikknöpfe für 4,99 Euro pro Stück kaufen, der Betrag wird bei der ersten Bestellung als Gutschrift verrechnet. Unterm Strich sind sie also kostenlos.

 

Dutzende Marken als Kooperationspartner gewonnen

Dutzende Marken hat der US-Riese bereits als Kooperationspartner gewonnen, darunter Ariel, Gilette, Kleenex, Oral-B, Pedigree und Wilkinson. Deren Signet ist groß auf den Knöpfen aufgedruckt, die dorthin geklebt oder aufgehängt werden sollen, wo Nachschub gebraucht wird – also am besten auf die Waschmaschine, neben das Zahnputzzeug oder den Fressnapf des Haustiers.

Wer die Buttons ausprobieren möchte, braucht etwas Geduld und Sachverstand. Mit der Amazon-App kann man die Bestellknöpfe, die für ein Produkt programmiert sind, ins heimische WLAN-Netz einbinden und verwalten. Nach der Bestellung per Knopfdruck kommt die Bestätigung mit Preis und Liefertermin aufs Smartphone. Dann kann man die Order noch für kurze Zeit stornieren – andernfalls kommt die Ware meist am nächsten Tag ins Haus. Erst danach kann das nächste Mal bestellt werden. So sollen versehentliche Mehrfachaufträge verhindert werden, zum Beispiel, wenn Kinder an den Knöpfen herumspielen.

Verbraucherschützer sind wenig begeistert

Glaubt man einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Branchenverbands Bitkom, können sich 21 Prozent der Bundesbürger vorstellen, die Dash-Buttons zu nutzen. Bei sperrigen und schweren Waren des täglichen Bedarfs sei die Bestellung per Knopfdruck sogar für 28 Prozent der Befragten denkbar. Immerhin jeder Dritte kauft der Umfrage zufolge schon Alltagsbedarf auch online ein. „Der Bestellknopf ist ein gutes Beispiel für eine intelligente und innovative Service-Idee“, schwärmt Bitkom-Geschäftsführer Joachim Bühler.

Verbraucherschützer sind weniger begeistert. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ NRW) kritisiert mehrere Rechtsverstöße und klagt gegen Amazon, nachdem der Konzern sich weigerte, die Streitpunkte außergerichtlich zu klären und eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. „Auch Amazon muss sich an geltende rechtliche Vorgaben halten“, sagt Christian Aldenhoff von der VZ NRW, der größten deutschen Verbraucherzentrale.

Die Experten vermissen erstens auf den Buttons den Hinweis, dass bei Knopfdruck unmittelbar eine kostenpflichtige Bestellung ausgelöst wird. Dieser Hinweis sei im elektronischen Geschäftsverkehr vorgeschrieben. Und auch der Dash-Button bediene sich des Internets, um die Bestellung zu übermitteln. Der Hinweis soll Verbraucher vor allem auf unseriösen Webseiten schützen, denn dort wird bis heute versucht, arglose Nutzer in Abo-Fallen zu locken.

Preise und Versandkosten können sich ändern

Zweitens sei bei Online-Geschäften vorgeschrieben, dass wichtige Informationen vor der Bestellung mitzuteilen sind, insbesondere Preis und Produkteigenschaften. Beim Dash-Button aber bekomme der Kunde die Infos erst danach. Problematisch sei das auch deshalb, weil sich Amazon in den Nutzungsbedingungen vorbehalte, Preise und Versandkosten zu ändern.

Preissteigerungen würden dem Kunden laut der App zudem nur bei mehr als zehn Prozent Zuschlag mitgeteilt, kritisiert die VZ. Überdies behalte sich Amazon vor, Ersatzartikel zu schicken, auch mit anderen Füllmengen. Auch diese Klauseln halten die Experten für nicht vereinbar mit deutschem Recht. Amazon widerspricht diesen Aussagen und sieht sich im Recht. Nun müssen Gerichte den Streit klären.

Testwaren sind im Schnitt online um 27 Prozent teurer als bei anderen Händlern

Ob der bequeme Einkauf per Knopfdruck tatsächlich so vorteilhaft für Verbraucher ist wie Befürworter versprechen, daran gibt es auch an anderer Stelle Zweifel. Die Internet-Rabattplattform mydealz.de hat 160 Produkte untersucht, die per Dash-Button bestellbar sind. Ergebnis der Stichproben: Im Schnitt kostete der Einkauf fast 27 Prozent mehr als bei anderen Händlern.

Ein Testkauf der VZ NRW offenbarte Anfang September zudem einige Startprobleme des neuen Angebots. Die Lieferzeit für das per Knopfdruck flugs bestellte Waschmittel sollte fast sieben Wochen betragen - das merkte der Kunde aber erst beim späteren Blick in die Amazon-App.