Nach Meinung der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland schadet der Haushaltsstreit dem Ruf der USA. Die Suche nach Lösungen in letzter Minute habe Spuren hinterlassen.

Berlin - Vom Ausgang des amerikanischen Haushaltsstreits hängt auch viel für die deutsche Wirtschaft ab. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass die Notenbanken auf der Welt Notfallpläne für den Fall erarbeiten, dass der Etatstreit nicht gelöst wird. Vor allem für die Banken rund um den Globus wäre die Zuspitzung eine Hiobsbotschaft. Nach Auskunft des Bundesverbands deutscher Banken in Berlin hat die deutsche Kreditwirtschaft an die Zentralregierung und die Bundesstaaten in den USA rund 14 Milliarden Euro verliehen. Das entspricht ungefähr dem deutschen Engagement bei kleineren Eurostaaten. Die direkten Folgen eines amerikanischen Zahlungsstopps wären für die hiesigen Banken damit zunächst begrenzt. Wegen der starken Vernetzung der Finanzwirtschaft befürchten Notenbanken und Internationaler Währungsfonds (IWF) im Falle eines Zahlungsstopps aber Kettenreaktionen wie bei der Pleite der US-Investmentbank Lehman 2008.

 

Auch bei einer Einigung in letzter Minute bleibt die hohe Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten das größte Risiko. In der Vergangenheit wurden die Schuldengrenzen immer kurz vor der Ablauf der Frist angehoben. Im Abstand von einigen Monaten wiederholt sich dann das nervenaufreibende Schauspiel. Der Internationale Währungsfonds forderte jüngst, dass die Vereinigten Staaten einen Konsolidierungsplan für die nächsten Jahre auf den Weg bringen sollen. Die größte Herausforderung für die Regierung sei, die Defizite zu reduzieren und dabei das Wachstum nicht abzuwürgen, analysiert der IWF.

Die US-Regierung kann durchaus in Anspruch nehmen, dass sie bereits umfangreiche Kürzungen auf den Weg gebracht hat. Im Frühjahr wurden Einsparungen von 1200 Milliarden Dollar (rund 900 Milliarden Euro) für die nächsten zehn Jahre festgelegt. Bei den Ausgaben im Etat sind automatische Kürzungen vorgesehen. „Die US-Politik hat eine signifikante Konsolidierung beschlossen. Sie hat es geschafft zu sparen, ohne dass die Konjunktur in den Keller rauscht“, sagt Alexander Schumann, Chefvolkswirt des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Gleichwohl hält Schumann die Lage in der Haushaltspolitik für völlig verfahren. Notwendig wäre es, dass die Amerikaner ihre Sparanstrengungen fortsetzten. Genau dies verhindert die Frontstellung von Republikanern und Demokraten.

US-Schuldenquote liegt bei 109 Prozent des BIP

Wie schlecht die Vereinigten Staaten in finanzieller Hinsicht dastehen, zeigt ein Vergleich der Industriestaaten. In den nächsten Stunden wird die Schuldengrenze von 16,7 Billionen Dollar (rund 12 000 Milliarden Euro) erreicht. Wegen der Kürzungen in den vergangenen Monaten ist es zwar gelungen, dass die Schuldenquote nicht weiter steigt. Es bleibt aber dabei, dass der amerikanische Staat in einem erschreckenden Ausmaß in der Kreide steht. Aus den IWF-Statistiken geht hervor, dass die amerikanische Schuldenquote in diesem Jahr 109 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt. Die Schulden sind damit höher als der Wert aller Waren und Dienstleistungen eines Jahres. Nach Meinung von Ökonomen sind Schuldenquoten von mehr als 90 Prozent problematisch. Deutschland weist eine Schuldenquote von 80 Prozent aus.

Dierk Müller, Geschäftsführer der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland, warnt vor einer Dramatisierung. „Dass die Schuldengrenze in Maßen weiter steigt, ist unproblematisch, solange es sich wie bei den Vereinigten Staaten um einen erstklassigen Schuldner handelt“, sagt Müller der Stuttgarter Zeitung . Bisher brachte die Finanzmärkte der Etatstreit nicht aus der Ruhe. Dennoch gibt es Anzeichen von Beunruhigung. Die chinesische Regierung, die wegen ihrer hohen Devisenreserven zu den großen Gläubigern Amerikas zählt, mahnte Lösungen an. Die Amerikanische Handelskammer kommt zum Ergebnis: „Das Vertrauen in die USA ist angekratzt.“ Das Ringen um Einigungen in letzter Minute hinterlasse Spuren. „Das ist wie bei einer Wunde, die wieder verheilen muss“, meint Müller. Auf keinen Fall reiche es aus, die Schuldengrenze einfach zu erhöhen.

Nach Ansicht der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland müsse es weitere Sparanstrengungen geben. „Notwendig sind Kürzungen bei den Wohlfahrts- und Militärausgaben und eine Erhöhung der Konsumsteuern, etwa für Benzin“, sagt Müller. In einem Punkt lässt die Handelskammer keine Zweifel: Die US-Politik müsse nach stabilen Lösungen suchen.