Amnesty International gibt sich in einem neuen Report zu Todesstrafen in der Welt vorsichtig optimistisch. Die Zahl der Hinrichtungen ist zwar rückläufig. Doch warnt die Menschenrechtsorganisation vor Selbstgefälligkeit.

Johannesburg - Die Zahl der Hinrichtungen ist nach Angaben von Amnesty International weltweit rückläufig. In 23 Ländern wurden im vergangenen Jahr mindestens 993 Hinrichtungen registriert - und damit vier Prozent weniger als im Vorjahr 2016, hieß es in einem neuen Jahresbericht zur Todesstrafe, den die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag veröffentlichte. Gegenüber 2015 wurde gar ein Rückgang um 39 Prozent verzeichnet.

 

In 53 Ländern wurden mindestens 2591 neue Todesurteile gezählt - nach einem Rekordhoch von 3117 im Vorjahr 2016. Die Angaben umfassen jedoch nicht Tausende Exekutionen und Todesurteile, die es Amnesty zufolge in China gegeben hat. In der Volksrepublik gelten die Zahlen als Staatsgeheimnis. Das Land bleibe der „Top-Henker in der Welt“, hieß es in dem Bericht.

Nimmt man China aus, entfielen 84 Prozent der gemeldeten Exekutionen im vergangenen Jahr auf den Iran, Saudi-Arabien, Irak und Pakistan. Zu den Ländern, die 2017 wieder Todesurteile vollstreckten, gehörten Bahrain, Jordanien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Todesstrafe bei Drogenkriminalität „erschreckend“

Doch berichteten die Autoren von Amnesty auch von „erheblichen Fortschritten.“ Im Iran etwa sei die Zahl der Hinrichtungen um elf Prozent zurückgegangen, und Exekutionen mit Bezug auf Drogenvergehen um 40 Prozent. In Malaysia ließen Änderungen an Anti-Drogen-Gesetzen inzwischen einen Ermessensspielraum beim Strafmaß zu.

Dennoch nannte Amnesty die anhaltende Vollstreckung der Todesstrafe bei Drogenkriminalität „erschreckend.“ In 15 Ländern seien im Jahr 2017 entweder Todesurteile ausgesprochen oder vollstreckt worden - darunter in China, dem Iran, Singapur und Saudi-Arabien. Im letzteren Land hätten „Enthauptungen wegen Drogenvergehen“ im Jahr 2016 noch 16 Prozent aller Exekutionen ausgemacht - ein Jahr später waren es schon 40 Prozent.

Amnesty zeigte sich zudem besorgt, dass im Iran mindestens fünf Menschen 2017 für Verbrechen mit dem Tode bestraft wurden, die sie als Minderjährige begangen haben sollen. 80 weitere Personen mit ähnlicher Historie säßen dort noch in den Todeszellen. In den USA, Japan, Pakistan, Singapur und den Malediven seien zudem psychisch Kranke oder Menschen mit geistiger Beeinträchtigung exekutiert worden oder mit einer drohenden Vollstreckung der Todesstrafe konfrontiert.

Leichter Anstieg in den USA

Die USA seien das einzige Land auf dem amerikanischen Kontinent, das Hinrichtungen vollziehe. In den Vereinigten Staaten gab es den Angaben zufolge 23 Exekutionen - ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr.

Als „Leuchtturm der Hoffnung“ wurde indes Afrika südlich der Sahara genannt: Dort sei die Todesstrafe in 20 Ländern abgeschafft worden. Nur in zwei Staaten in der Region - Somalia und Südsudan - habe es 2017 noch Hinrichtungen gegeben, hieß es. Allerdings sollen Botsuana und der Sudan erst in diesem Jahr wieder mit Exekutionen begonnen haben. Und zu Jahresbeginn kündigte Ugandas Präsident Yoweri Museveni an, erstmals seit fast 20 Jahren wieder Todesurteile unterzeichnen zu wollen. Um Kriminelle abzuschrecken, sollen nach seinen Worten „ein paar gehängt“ werden.

Angesichts von mindestens 21 919 bekannten Todeskandidaten in der Welt warb Amnesty International zudem für anhaltendes Engagement: „Jetzt ist nicht die Zeit, den Druck herauszunehmen.“