Mehr als vier Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden und Wendlingen geht es jetzt darum, wer für den Schaden zahlen muss. Es geht um Millionen und keiner will zu kurz kommen.

Esslingen/Winnenden - Im Streit mit den Hinterbliebenen des Amoklaufs vor vier Jahren und der Versicherung um Schadenersatz in Millionenhöhe macht die Stadt Winnenden ein Zugeständnis. „Wir werden gegenüber der Versicherung des Vaters von Amokläufer Tim K. eine Erklärung abgeben, dass wir hinter den Ansprüchen der Geschädigten zurücktreten“, sagte Hauptamtsleiter Peter Holub am Dienstag.

 

Dies bedeutet, dass die Geschädigten bevorzugt aus dem Zwei-Millionen-Euro Topf für Personenschäden der Allianz behandelt werden könnten. „Wir freuen uns und wollen das Geld so schnell wie möglich an die Betroffenen auszahlen“, sagte eine Sprecherin der Allianz-Versicherung.

Die Stadt will 9,4 Millionen Euro vom Vater des Amokläufers. Stadt und dessen Versicherung streiten aber darüber, ob der entstandene Schaden der Stadt der Deckungssumme für Personenschaden zugerechnet wird oder aus der Deckungssumme für Sachschäden (eine Million Euro) bezahlt wird. Die Versicherung sieht alle Schäden als Personen- oder Personenfolgeschäden, die Stadt will aus dem Sach-Topf entschädigt werden, um nicht in Konkurrenz zu Forderungen von Angehörigen und Verletzten zu stehen.

Holub betonte aber, dass die Stadt sich spätere rechtliche Schritte gegen die Versicherung vorbehalte. Der Gemeinderat werde voraussichtlich am 23. September darüber entscheiden, ob Klage gegen die Eltern des Amokläufers erhoben wird. „Wir gehen davon aus, dass der Gemeinderat für eine Klage sein wird.“

Nach dem Blutbad am 11. März 2009 an seiner früheren Schule in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) war der 17 Jahre alte Amokläufer Tim K. nach Wendlingen (Kreis Esslingen) geflüchtet. Dort erschoss er in einem Autohaus einen 46-jährigen Kunden, einen 36-jährigen Mitarbeiter und auf dem Parkplatz davor sich selbst. Die Klägerin ist die Witwe des Kunden.

In einem Strafprozess war der Vater des Amokläufers bereits wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Begründung: Der Mann hatte die Tatwaffe unverschlossen im Schrank aufbewahrt.

Bisher sind vor dem Landgericht Stuttgart sechs Schadenersatzklagen von Privatpersonen in Gesamthöhe von mehreren Hunderttausend Euro anhängig. Die Zahl der Betroffenen ist jedoch weitaus höher.