Das Verfahren gegen einen Bönnigheimer vor dem Amtsgericht Besigheim wurde eingstellt. Der Angeklagte muss als Auflage 500 Euro zahlen.

Besigheim - Es dauerte kaum eine halbe Stunde, da war das Verfahren vor dem Amtsgericht Besigheim am Mittwoch schon zu Ende. Der Angeklagte hatte eingeräumt, was ihm vorgeworfen worden war, nämlich Beleidigungen des Fernsehmoderators Michel Friedman ins Internet gestellt zu haben. Doch weil er sich laut dem Gericht einsichtig zeigte und die Anzeige letztendlich nur wegen einer Privatfehde des Angeklagten mit einem ehemaligen Mitarbeiter erstattet worden sei, einigte man sich auf die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von 500 Euro.

 

Es waren üble Beschimpfungen, die der Angeklagte aus Bönnigheim im vergangenen Jahr in einem Blog im Internet gegen den bekannten Rechtsanwalt und TV-Moderator Michel Friedman geäußert hatte. Der Beitrag strotzte nur so von Beleidigungen in Fäkalsprache. Zudem spielte der Angeklagte mit anzüglichen Bemerkungen auf eine Affäre aus Friedmans Vergangenheit an und bezeichnete eine öffentliche Toilette als „angemessenen beruflichen Unterschlupf“ für den Moderator.

Hinweis von persönlichem Kontrahenten

Offenbar war die Anklage durch den Hinweis eines persönlichen Kontrahenten des Angeklagten ins Rollen gekommen – letztlich hatte aber Michel Friedman den Bönnigheimer wegen Beleidigung angezeigt. Weil der Angeklagte Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hatte, landete die Sache vor Gericht.

Vor dem Amtsgericht räumte der Angeklagte recht zügig ein, dass die despektierlichen Äußerungen aus seiner Feder stammten. „Ich habe nur satirisch aufgearbeitet, wie Herr Friedman mit Menschen umgeht“, argumentierte er. Auf die Frage des Richters hin, was er denn genau gegen den Fernsehmoderator einzuwenden habe, kamen eher ausweichende Antworten. Ihm gefalle nicht, wie Friedman mit Leuten umgehe, er halte ihn für einen schlechten Journalisten und könne seine Sendungen kaum ertragen, erklärte der Angeklagte sinngemäß.

Allerdings hielt er sich stets nur kurz mit dem eigentlichen Gegenstand des Verfahrens – der Beleidigung Friedmans – auf. Immer wieder kam der Angeklagte auf seinen persönlichen Widersacher zu sprechen und erläuterte ausschweifend, was dieser sich alles habe zuschulden kommen lassen. „Dem Gericht ist durchaus bewusst, dass es hier im Wesentlichen um eine Privatfehde geht“, betonte der Richter daraufhin. Allerdings sei das keine Entschuldigung dafür, Michel Friedman im Internet derart massiv zu beschimpfen. „Das ist ganz klar eine Beleidigung“, so der Richter. Und zwar eine, die im Zweifelsfall von Hunderten Menschen gelesen werden könne. Wenn dem Angeklagten jemand nicht gefalle, könne er dies durchaus in seinem privaten Umfeld kundtun. „Aber ich ersuche Sie, das künftig nicht mehr im Internet zu tun.“

Privatfehde mit ehemaligem Mitarbeiter

Letztlich liefere der Angeklagte seinem Kontrahenten mit derlei Äußerungen im Netz nur weitere Munition für erneute Angriffe, argumentierte der Richter. Und das wolle er verhindern. Offenbar liefern sich die beiden Männer aus dem Kreis Ludwigsburg seit 20 Jahren eine Privatfehde. Unter anderem überziehen sie sich gegenseitig mit Klagen, seit sie in den 90er Jahren im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses aneinander geraten waren.

Zunächst hatte man sich um Geld gestritten, inzwischen scheinen sich die gegenseitigen Anzeigen eher um Beleidigung und Rufschädigung zu drehen. Der Richter kritisierte das Vorgehen zwar heftig: „Es ist falsch, das vor der Strafjustiz auszufechten“, sagte er. Dennoch schlug er vor, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 500 Euro einzustellen. Denn der Angeklagte zeige sich vor Gericht durchaus einsichtig – und letztlich gehe es nur um eine Privatfehde.

Kommentar: Chance vertan

Im Internet fallen offenbar alle Grenzen. Wer sich einmal bewusst in Foren umschaut, Facebook-Einträge studiert oder Kommentare zu Veröffentlichungen jeglicher Art liest, wird das vermutlich bestätigen können. Auf vielen Seiten sind Beschimpfungen und Beleidigungen aus der untersten Schublade zu lesen, die wohl kaum jemand im persönlichen Kontakt einem Gesprächspartner in dieser Form an den Kopf werden würde. Manche Hasstiraden sind derart wüst, dass sie – direkt an eine Person gerichtet – sicher von einem Gericht als derbe Beleidigung beurteilt würden, sofern sie zur Anzeige gelangten.

Doch genau das ist das Problem: So weit kommt es meist gar nicht. Viele Kommentare im Internet werden anonym geäußert – und selbst wenn sie mit Klarnamen erfolgen, ist es extrem aufwendig, den Urheber ausfindig zu machen. Zumal der von einer Beleidigung Betroffene im Zweifelsfall nicht einmal von dem Angriff weiß.

Beim Verfahren um die Beleidigung Michel Friedmans am Amtsgericht in Besigheim ging es zwar offensichtlich vor allem auch um eine Privatfehde. Aber eine solche legitimiert sicher nicht, Unbeteiligte wie Friedman mit Beschimpfungen übelster Art öffentlich zu diffamieren. Hier hätte das Gericht die Möglichkeit gehabt, ein Zeichen gegen die Auswüchse im Internet zu setzen – zumal der Angeklagte offenbar auch ab und an antisemitische Äußerungen im Netz verbreitet. Die Chance, wilde Beschimpfungen im Internet nicht ungestraft zu lassen, wurde vertan. Zwar muss der Angeklagte 500 Euro zahlen, doch dies ist lediglich eine Auflage, und keine Strafe: Das Verfahren wurde eingestellt.