Ein Streit zwischen zwei Freundinnen ist im Januar in Sindelfingen eskaliert. Nun steht eine 22-Jährige vor Gericht, der gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird.

Sindelfingen - Die Angeklagte und ihr Opfer waren vor der Tat beste Freundinnen – und sie sind es noch. Auch wenn sich die 22-Jährige nun vor dem Amtsgericht Böblingen verantworten muss, weil sie ihre Freundin laut der Anklage mit Fäusten traktiert, sie an den Haaren zu Boden gezogen und schließlich gegen ihr Gesicht und in ihren Bauch getreten haben soll. Kennengelernt hatten sich die beiden Frauen in einer psychiatrischen Einrichtung, in der die Angeklagte wegen ihrer diagnostizierten Borderline-Persönlichkeitsstörung in Behandlung war. Eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung hat sie nicht.

 

„Es stimmt, ich habe sie mit den Fäusten geschlagen, an den Haaren gezogen und im Gesicht gekratzt“, gesteht die schmächtige Angeklagte. Doch getreten habe sie sie nicht – weder gegen den Kopf, noch in den Bauch. „Das würde ich nie tun.“ Die junge Frau, die sich vor Gericht selbst verteidigt, argumentiert, dass sie schwere Winterstiefel mit dickem Profil anhatte, die deutliche Spuren hinterlassen hätten. Ihr 19-jähriges Opfer hatte zwar eine blutige Nase, aufgeplatzte Lippen und eine leichte Gehirnerschütterung davon getragen, allerdings hatte sie keine Bauchschmerzen.

Die Geschädigte möchte nicht, dass die Angeklagte verurteilt wird

„Wir haben uns ausgesprochen“, nimmt die 19-Jährige ihre Freundin vor Gericht in Schutz. Sie wolle nicht, dass die Angeklagte verurteilt werde. Kurz nach dem Streit, der sich im Januar dieses Jahres vor einem Einkaufszentrum in Sindelfingen abspielte, hatte die 19-Jährige das noch anders gesehen. Auf dem Polizeirevier sagte sie aus, dass die Freundschaft für sie beendet sei und sie sich überlege, Strafanzeige zu stellen. Dazu kam es aber nicht.

Wie der handfeste Streit genau ablief, kann die Geschädigte nicht mehr sagen. Denn die beiden Freundinnen hatten sich gemeinsam mit einem weiteren Bekannten aus der psychiatrischen Einrichtung, in der sie zu der Zeit alle drei in Behandlung waren, geschlichen, um zu trinken. Eine Flasche Jägermeister wurde zu dritt geleert, sagen die beiden Frauen. Auch Sekt wurde getrunken. Da die 19-Jährige starke Medikamente nahm, hatte der Alkohol Folgen: „Ich hatte einen Blackout und kann mich an die Schlägerei nicht erinnern“, sagt sie vor Gericht. Auch die Angeklagte war zum Tatzeitpunkt stark alkoholisiert. Nach ihren Angaben war der Auslöser des Streits, dass ihre Freundin ein Foto mit ihr machen wollte. Das wollte sie jedoch nicht, weil sie kurz davor war, sich zu übergeben. Als die Freundin sie nicht in Ruhe lassen wollte, eskalierte der Streit.

Hauptzeuge erscheint nicht vor Gericht

Rätselhaft bleibt, welche Rolle der Bekannte spielt. Der als Hauptzeuge geladene junge Mann war nicht vor dem Amtsgericht erschienen. Er hatte bei der Polizei ausgesagt, dass sich die beiden jungen Frauen aus Eifersucht wegen ihm gestritten hatten – was diese bestreiten. Außerdem hatte er angegeben, dass die Angeklagte ihre Freundin nicht nur geschlagen, sondern auch gegen den Kopf und in den Bauch getreten hatte. Eine Passantin, die zufällig Zeugin der Schlägerei geworden war und die Polizei verständigt hatte, kann vor Gericht jedoch nur die Schläge bezeugen. „Als ich telefoniert habe, konnte ich das Geschehen aber auch nicht mehr verfolgen“, sagt die Zeugin vor Gericht.

Für Richter Horst Vieweg ist es entscheidend, welches Ausmaß die Schlägerei angenommen hatte. Denn die Angeklagte hat bereits acht Eintragungen im Strafregister – unter anderem wegen Körperverletzung. „Nachts möchte ich Ihnen nicht begegnen“, sagt der Richter. Um die Aussage des Hauptzeugen zu hören, wird der Prozess am Montag, 13. Mai, fortgesetzt.