Der Mann aus Weil der Stadt behauptet: „Mein Auto wurde geknackt!“

Leonberg - Die Anklage lautete auf Trunkenheit am Steuer, Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Ein 50-Jähriger aus Weil der Stadt soll betrunken mit seinem Auto unterwegs gewesen sein und dabei zwei geparkte Autos gerammt haben. Doch das stritt der Mann vor dem Leonberger Amtsgericht ab – und das obwohl er alleine wohnte, beide Autoschlüssel hatte und der Wagen nach dem Unfall auch wieder vor seiner Wohnung stand. Am Leonberger Amtsgericht gab es jetzt eine Geldstrafe, und ans Steuer darf der Weil der Städter vorerst auch nicht mehr.

 

Das Gericht war von seiner Täterschaft überzeugt. Es sei zwar durchaus denkbar, dass der Wagen geknackt worden sei. „Aber für ‚In dubio pro reo’ muss es eine nachvollziehbare Alternative geben, und in diesem Fall muss man seine Fantasie arg bemühen“, befand die Amtsrichterin Jasmin Steinhart und fasste die Aussage des Mannes noch mal zusammen: „Da verschafft sich jemand Zugang zu Ihrem Auto, fährt weg, dreht dann um, rammt die beiden Fahrzeuge und lässt den Wagen im Gebüsch fast direkt vor Ihrer Wohnung wieder stehen.“

1000 Euro Geldstrafe und sechs Monate Fahrverbot

Diese Geschichte hielt die Richterin nicht für plausibel und verdonnerte den 50-Jährigen zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10 Euro. Außerdem bleibt sein Führerschein weitere sechs Monate unter Verschluss. Mit 120 Tagessätzen zu je zehn Euro und einer achtmonatigen Führerscheinsperre hatte der Staatsanwalt sogar ein noch höheres Strafmaß gefordert.

Der Weiler war bis zum Schluss bei seiner Aussage geblieben und hatte die nächtliche Autofahrt im November vor einem Jahr abgestritten. „Ich wollte abends mit anderen Kursteilnehmern die bestandene Abschlussprüfung einer Qualifizierungsmaßnahme des Jobcenters feiern, und deshalb ließ ich das Auto nicht wie sonst am Bahnhof, sondern zu Hause stehen“, erklärte der Mann, der mit der S-Bahn nach Stuttgart gefahren sein wollte.

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, nach seiner Ankunft am Bahnhof in Weil der Stadt mit mehr als einer Promille Alkohol im Blut ins Auto gestiegen zu sein und zwei in seiner Straße abgestellte Fahrzeuge gerammt zu haben – dabei war ein Sachschaden von rund 10 000 Euro entstanden. Doch damit wollte der Mann nichts zu tun haben und behauptete, jemand anderes sei mit dem Auto gefahren. „Es gibt doch heute allerlei technische Tricks, um die Tür auch ohne einen Autoschlüssel zu öffnen. Als Kfz-Meister kenne ich mich da aus!“

Anwalt hatte auf Freispruch plädiert

Damals hatte ein Zeitungsausträger die Polizei verständigt, nachdem er die demolierten Autos bemerkt hatte. Die Beamten konnten die Schäden an den beiden Fahrzeugen problemlos dem Wagen des 50-Jährigen zuordnen. Hinweise für einen Einbruch fanden sie dagegen nicht. Zugang zur Wohnung des Mannes musste sich die Polizei übrigens mit Gewalt verschaffen. Weil dieser auf das Klingeln und Klopfen nicht reagierte hatte, musste die Feuerwehr ran. Der arbeitslose Mann schlief derweil seinen Rausch aus.

„Es gibt keine Beweise, nur Indizien“, hatte der Verteidiger in seinem Plädoyer erklärt. „Und überhaupt: Ein Autoschlüssel hat doch heute keine Bedeutung mehr!“ Dieser forderte einen Freispruch für den Mann, der zum ersten Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Den Antrag stützte er vor allem darauf, dass sein Mandant durch den ihm vorgeworfenen Unfall keinerlei Verletzungen davon getragen habe, seien doch bei einem Aufprall dieser Art Prellmarken typisch. „Doch es gab wegen des Airbags keine Abdrücke im Gesicht und auch keine Gurtstreifen am Oberkörper“, sagte der Anwalt. Deshalb wollte er sowohl einen technischen als auch einen medizinischen Sachverständigen hinzuziehen. Das Gericht hatte aber beides abgelehnt.