Der 30-jährige Mann aus Algerien streitet die Tat ab – trotz Bilder der Überwachungskamera.

Leonberg - Die anthropologische Gutachterin hatte am Ende kaum Zweifel, dass es sich bei dem auf der Anklagebank sitzenden Mann auch um den Ladendieb handelte. Die Sachverständige hatte die Bilder der Überwachungskamera auf morphologische Merkmale untersucht und sich den Beschuldigten auch in der Verhandlung am Leonberger Amtsgericht genauer angeschaut. Dabei kam sie zum Ergebnis, dass sämtliche Merkmale wie Haaransatz, Kopfform und Oberlidbereich übereinstimmten. „Er ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter“, sagte die Anthropologin, die aber zugleich nicht ausschließen konnte, dass es auch ein naher Verwandter des Mannes gewesen sein konnte.

 

Haftstrafe von vier Monaten

Für die Amtsrichterin Jasmin Steinhart war die Schuldfrage damit endgültig geklärt, und sie verurteilte den 30-Jährigen wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer Haftstrafe von vier Monaten. Das Gericht war bereits am ersten Prozesstag nach Sichtung der Bilder davon überzeugt, dass der Richtige auf der Anklagebank sitzt (wir berichteten). Um alle Restzweifel zu beseitigen, beauftragte die Richterin dann aber eine anthropologische Gutachterin mit dem Fall. Die Beweisaufnahme hatte nämlich nicht die erhoffte Klarheit gebracht. Die beiden geladenen Verkäuferinnen waren sich nicht 100-prozentig sicher, ob es sich bei dem Angeklagten auch um den Ladendieb von damals handelte.

Der 30-jährige Mann war im Mai 2016 gemeinsam mit einem Komplizen auf Diebestour in Weil der Stadt. Zunächst ließen die beiden in einem Bekleidungsladen T Shirts mitgehen, dann schlugen sie auch noch in einem Schuhgeschäft zu und rissen sich dort mehrere Paar Sportschuhe unter den Nagel. Der Verkäuferin waren die leeren Schuhkartons aufgefallen, und als sie mitbekam, dass die Langfinger ein benachbartes Geschäft aufsuchten, rief sie die Polizei.

2015 aus Algerien gekommen

Den Komplizen des Angeklagten, der inzwischen untergetaucht ist und zwecks Abschiebung zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben wurde, konnten die Polizisten noch an Ort und Stelle dingfest machen. Den 30-Jährigen griffen sie später in dessen Wohnung in Simmozheim auf. Der Mann war 2015 aus Algerien nach Deutschland gekommen und stand noch im selben Jahr erstmals wegen Betrugs vor Gericht. Später kam noch eine weitere Verurteilung wegen versuchten Diebstahls dazu. Demnächst muss sich der 30-Jährige, der in der Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Lörrach einsitzt, wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels verantworten.

Für die beiden abgeurteilten Taten gab es zwar nur Geldstrafen. „Doch auch wenn es jetzt die erste Freiheitsstrafe ist, kann ich diese nicht zur Bewährung aussetzen“, sagte Richterin Steinhart, die dem Mann keine günstige Sozialprognose ausstellen konnte. Damit lag sie über dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die eine fünfmonatige Bewährungsstrafe gefordert hatte.

Der Angeklagte, der wie auch sein Komplize abgeschoben werden soll, hatte den gewerbsmäßigen Diebstahl auch trotz der Aufnahmen der Überwachungskamera bis zum Schluss abgestritten. Er ließ über den Dolmetscher erklären, dass er ein „Jedermannsgesicht“ habe, dann wollte er auf den Bildern einen Bekannten aus Tunesien erkannt haben, dessen Namen er aber nicht mehr wusste.