Ein Video, auf dem die Brust oder der Intimbereich eines Menschen zu sehen sind, darf ohne dessen Einverständnis nicht an Dritte weitergegeben werden. In Schorndorf stand ein junger Mann vor Gericht, der das getan hatte.

Freizügige Videos oder Aufnahmen von sich selbst per Handy zu verschicken, ist ein beliebtes Spiel. Auch viele Schüler und Jugendliche teilen gerne solche Inhalte – nicht zuletzt, um zu testen, wie sie bei anderen ankommen. Wie schnell dieses sogenannte Sexting zum Problem werden kann, zeigt ein Fall, der nun am Schorndorfer Amtsgericht verhandelt worden ist.

 

Der Verteidiger nennt es einen „ziemlich erbärmlichen Flirtversuch“

Der Angeklagte, der in Augsburg wohnt, hatte im April 2021 von einem Freund ein etwa 20 Sekunden langes Video zugeschickt bekommen, das zeigt, wie eine Frau ihre eigenen Brüste massiert. Ihr Gesicht ist nicht zu sehen. Er lud das Video daraufhin in einer WhatsApp-Gruppe namens „El Knackpos“ hoch, um es seinen Brüdern zu zeigen. Nur wenige Minuten später schickte es sein 24-jähriger Bruder an eine junge Arbeitskollegin aus dem Remstal weiter, und zwar mit den Worten: „Schau mal, was ich von dir im Netz gefunden habe.“ Die Angesprochene erschrak. Denn wie sie nun vor Gericht versicherte, handle es sich tatsächlich um ein Video, das ihren Körper zeige. Sie habe es selbst aufgenommen. Das Video im Netz zirkulieren zu sehen, erschreckte sie. Ihr damaliger Kollege dagegen versteht bis heute nicht, warum sie so reagiert hat: „Okay, ich weiß, es ist nicht die feinste Art gewesen, aber ich hab doch einfach nur Spaß gemacht“, sagte der 24-Jährige, der in seiner Freizeit als Rapper auftritt und eine große Gefolgschaft in den sozialen Netzwerken hat. Er hielt ihre Aussage zunächst für einen Scherz. Sein „ziemlich erbärmlicher Flirtversuch“, wie es Verteidiger Ulrich Swoboda nannte, beendete die Bekanntschaft jedenfalls auf einen Schlag.

Möglich sind Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren

Vor dem Amtsgericht musste sich nun nicht der junge Musiker verantworten, der das Video an die Frau weitergeleitet hat, sondern sein älterer Bruder, der das Video zuvor in die Gruppe hochgeladen hat. Denn wer ohne das Einverständnis des abgebildeten Menschen Fotos oder Videos an Dritte weitergibt, auf denen dessen intimste Körperbereiche zu sehen sind, macht sich strafbar. Das gilt auch, wenn es sich um die Brüste einer Frau handelt. Der Paragraf 184k des Strafgesetzbuchs schützt all jene Körperbereiche, die normalerweise den Blicken entzogen sind. Geahndet wird das Delikt mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren.

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Für Richterin Petra Freier stand außer Frage, dass der Angeklagte, der in Augsburg lebt, sich im Sinne dieses Paragrafen schuldig gemacht hat. Am Ende wurde das Verfahren trotzdem eingestellt, der Mann kam mit einer eindringlichen Warnung davon, er solle bitte aus dem Vorfall lernen. Das lag unter anderem daran, dass der Angeklagte bisher nicht vorbestraft ist – aber auch daran, dass es den Ermittlern bei der Polizei nicht gelungen war, herauszufinden, wer das Video von der jungen Frau aus dem Remstal als Erster in Umlauf gebracht hat.

Das Opfer hat viele Videos von sich geteilt

Denn die 27-jährige Frau, die sich auf dem Video zu erkennen glaubt, sagte vor Gericht, dass sie im Lauf der Jahre viele solcher Aufnahmen geteilt hat. Immer dann, wenn eine Beziehung persönlicher geworden sei, habe sie auch solche Aufnahmen gemacht, das sei heutzutage normal. „Wissen Sie – Handys gibt es schon mein ganzes Leben lang.“ Die Aufnahme ist ihren Angaben zufolge wahrscheinlich 2019 entstanden, also nach einer Brustoperation im Jahr 2018, die sie aus kosmetischen Gründen machen ließ.

Die fragliche Aufnahme, glaubt sie, habe sie nur mit einem Menschen geteilt. Es handelt sich um einen jungen Mann, den sie nur über Facebook und Instagram kannte. Er folgt auf Facebook auch dem Bruder des Angeklagten. Der Student bestritt aber vor Gericht vehement, das Video in Umlauf gebracht zu haben. Er lösche alle Chatverläufe und würde eine solche Datei niemals teilen, versicherte er der Richterin. Und die Suche nach anderen Tätern verlief im Sande.

Wie unterschiedlich das Opfer und die jungen Männer Internetbeziehungen wahrnehmen, wurde im Verlauf der Verhandlung deutlich: Während die junge Frau von einer intimen Beziehung sprach, hielt der Student es nicht für nötig, sich mit ihr zu treffen, als sie ihm schrieb, man müsse reden. Stattdessen blockierte er sie auf Instagram.