Weil er mit Gewalt ein Mobiltelefon an sich gerissen hat, muss sich ein geistig behinderter Mann vor Gericht verantworten. Bei der Auseinandersetzung hat er seinem Zimmernachbarn in die Brustwarze gebissen.
Waiblingen - Ein Streit in einer Außenwohngruppe der Diakonie Stetten. Es geht um ein Handy. Irgendwann wird die Auseinandersetzung der zwei geistig behinderten Männer handgreiflich. Einer von ihnen wird verletzt. Er hat Kratzer am Hals, eine Prellung am Unterarm und in Folge eines Bisses ein Hämatom an der Brustwarze.
Der Zimmernachbar will das Handy nicht hergeben
Der Fall, der nun vor dem Amtsgericht Waiblingen verhandelt wurde, trug sich am 1. Oktober des vergangenen Jahres zu. Auf der Anklagebank musste sich Roger P. (alle Namen geändert) wegen vorsätzlicher Körperverletzung verantworten. „Ich wollte mein Handy zurückhaben“, erklärte der 21-Jährige die Ursache der Auseinandersetzung. Das Mobiltelefon hatte er einige Wochen zuvor seinem Zimmernachbarn in der Wohngruppe geschenkt. Doch Hagen F. wollte es nicht zurückgeben. „Weil er mich festgehalten hat, habe ich ihn gekratzt und ihm in die Brustwarze gebissen“, sagte der Angeklagte.
Der Angeklagte kommt aus dem Jugendarrest
Roger P. hat einen Ausweis, der ihm einen Behinderungsgrad von 50 bescheinigt. Im Internat des Berufsbildungswerks Waiblingen hat er eine Ausbildung zum Fachwerker für Feinwerktechnik gemacht. Seit längerer Zeit ist er auf Jobsuche. Bis vor Kurzem hat er im Jugendarrest in Göppingen gesessen. Weil er auf einer Internetplattform Kontakt mit minderjährigen Jungen aufgenommen hatte und diesen auch sexuelle Andeutungen machte, wurde er vom Jugendschöffengericht zu 70 Arbeitsstunden verdonnert. Da Roger P. diese aber nur zum Teil ableistete, musste er für zwei Wochen in den Jugendarrest.
Um den Vorfall aus Sicht des Klägers zu hören, wurde Hagen F. in den Zeugenstand gerufen. Der ebenfalls geistig behinderte Mann berichtete, dass Roger P. ihn mit beiden Händen gewürgt habe. „Er wollte das Handy zurück, das er mir kürzlich gekauft hatte“, sagte Hagen F. Doch das sei für ihn nicht in Frage gekommen: „Geschenkt ist geschenkt, wieder holen ist gestohlen.“
Die Auseinadersetzung wird immer heftiger
Weil die Auseinandersetzung immer heftiger wurde, habe er schließlich das Handy rausgerückt, erzählte der Zeuge. Einige Tage später habe er Roger P. angezeigt, um ihm einen Denkzettel zu verpassen. „Er sollte merken, dass er meine Drohung einer Anzeige ernst nehmen muss.“
Die Richterin Dotzauer bewertete die Auseinandersetzung als Streit unter Freunden. Zu Hagen F. sagte sie: „Vielleicht hat Roger P. auch blaue Flecken davongetragen, Sie werden sich doch sicher gewehrt haben.“ Die Vorsitzende des Gerichts folgte dem Plädoyer des Staatsanwaltes, das Verfahren gegen eine Arbeitsauflage einzustellen. Roger P. muss nun 40 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. „Sie können nicht einfach jemand das Handy wegnehmen“, sagte die Richterin.