Ein Fellbacher streitet alle Vorwürfe ab – wird aber wegen Körperverletzung verurteilt.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Waiblingen - Eine Ehe, in der Gewalt, Kontrolle und Einschüchterung herrschten. So hat es die Frau als Zeugin beschrieben, die am Tag nach einem eskalierenden Streit ihre Koffer gepackt hatte und seitdem von ihrem Mann getrennt lebt. Der Noch-Ehemann, angeklagt wegen Körperverletzung, bestritt am Dienstag zwar sämtliche Vorwürfe vor dem Waiblinger Amtsgericht, wurde aber zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt.

 

Nach etwa einer Stunde seien die verbalen Streitigkeiten beendet gewesen

Der Streit, auf dem die Anklage basiert, ereignete sich an einem Nachmittag im Mai 2018 in der gemeinsamen Wohnung in Fellbach. Der Angeklagte, der als Bauingenieur tätig ist, schilderte, dass er gegen 16.30 Uhr nach Hause gekommen sei. Er räumte ein, dass es zu einer „verbalen Auseinandersetzung“ mit seiner Frau gekommen sei. Der Grund sei der Sohn aus ihrer ersten Ehe gewesen, „der aufsteht, wenn ich von der Arbeit komme“. Nach etwa einer Stunde seien die verbalen Streitigkeiten beendet gewesen. Man habe danach Bekannte in Untertürkheim besucht und dort einen gemeinsamen Abend verbracht. Am nächsten Tag sei er nach Hause gekommen und überrascht gewesen, dass „alles weg“ war, schilderte der Fellbacher. Er bestritt alle Vorwürfe der Anklage: Er habe seine Frau weder beleidigt oder bedroht, noch sei es zu Handgreiflichkeiten gekommen. Gleichwohl: Die Scheidung läuft, das Paar lebt getrennt.

Die Frau zeichnete das Bild einer Gewaltspirale in der Beziehung

Eine ganz andere Version schilderte die Frau des Angeklagten, die wie ihr Mann aus Bosnien-Herzegowina stammt, und deren Aussage im Gerichtssaal von einer Dolmetscherin übersetzt wurde. Er sei aggressiv gewesen, habe sie mit einer Fernbedienung auf den linken Arm geschlagen, sie unflätig beleidigt und gedroht, sie vom Balkon zu werfen. Im weiteren Verlauf habe er die Eingangstür abgeschlossen, sie geohrfeigt und angefangen, sie zu würgen. Die Frau zeichnete das Bild einer Gewaltspirale in der Beziehung. Schon vor dieser Eskalation habe es Streitigkeiten gegeben, ihr Mann habe sie einmal mit dem Messer bedroht, auch ein blaues Auge habe sie schon davon getragen, sie sei überdies öfter eingeschlossen worden. „War es der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt?“, fragte der zuständige Richter. „Es ist immer schlimmer geworden, wenn ich etwas gemacht habe, was ihm nicht passte“, sagte die Frau – auch wenn es immer wieder Phasen der Versöhnung gegeben habe.

Die Verteidigung merkte zwar an, dass die Körperverletzung nicht dokumentiert worden sei. Die Staatsanwaltschaft, die den Eindruck hatte, dass die Schilderungen der Frau glaubhaft seien, wies jedoch darauf hin, dass der Angeklagte schon früher wegen Gewaltdelikten aufgefallen sei. Zudem könne nicht jeder darüber informiert sein, wie eine professionelle Dokumentation aussieht: Dabei werden Verletzungen von einem Arzt bestätigt.