Das Amtsgericht Waiblingen verurteilt einen 24-jährigen Mann wegen eines Angriffs auf zwei Jugendliche auf dem Hof des Salier-Schulzentrums Waiblingen. Der offenbar drogensüchtige Täter muss in eine Entziehungsanstalt.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Waiblingen - Er sei noch „gut weg gekommen, das ist echt human“. Mit diesen Worten quittierte die Freundin des Angeklagten das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen am Donnerstagabend. Der Vorsitzende Richter Steffen Kärcher hat den 24-jährigen Mann unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einen Jahr und zehn Monaten Gefängnisstrafe verurteilt. Der Täter hatte am Ostersonntag dieses Jahres zwei 17-jährige Mädchen auf dem Hof des Salier-Schulzentrums in Waiblingen malträtiert, einer der Jugendlichen wurde bei dem Angriff eine Rippe gebrochen.

 

Der 24-Jährige war wegen anderer Delikte nur zur Bewährung auf freiem Fuß gewesen. Er sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft, wurde in Handschellen zur Verhandlung gebracht und in Handschellen wieder abgeführt. Sein Verteidiger hat erreicht, dass das Verfahren ungewöhnlich lange dauerte. Er hatte die Aussagen eines Sachverständigen in Zweifel gezogen und hinbekommen, dass ein zweiter Experte auftreten durfte. Dieser Fachmann hat nun, am letzten Prozesstag, erklärt, dass der Angeklagte wegen erheblichen Alkohol- und Drogenkonsums am Tattag womöglich vermindert schuldfähig gewesen sein könnte. Er habe jedenfalls 1,7 Promille gehabt. Der erste Gutachter, so der Richter, habe sich um 0,2 Prozentpunkte verrechnet gehabt. Zudem sei die Wirkung des ebenfalls konsumierten Cannabis unberücksichtigt geblieben.

Richter: „Er wollte zeigen wer der Stärkere ist.“

Nach der Auffassung des Gerichts hat sich die Tat so abgespielt: Der 24-Jährige habe sich am besagten 2. April mit seiner Freundin gestritten. Er habe dann auf dem Grundstück seiner Eltern viel getrunken, offenbar Bier und Wein, Cognac und womöglich Rum. Und er hat gekifft. Später habe er im Haus der Eltern wohl weiter getrunken. Sein Vater, der jetzt in der Verhandlung als Zeuge auftrat, und seine Mutter hatten versucht, ihren Filius am Ostersonntag aufzuhalten. Vermutlich ahnten sie, was kommen könnte. Der junge Mann war in den vergangenen Jahren nämlich bereits mehrfach straffällig geworden. Unter anderen hatte er sich eine Schlägerei mit einem Ladendetektiv und mit dem Leiter eines Supermarkts geliefert.

Am Tattag jedenfalls, so das Gericht weiter, sei der 24-Jährige dann „unglücklicherweise“ auf die zwei 17-jährigen Mädchen getroffen. In seinem „zugedröhnten Zustand“ habe er sich dann offenbar provoziert gefühlt, den jungen Frauen ein Handy weggenommen und Geld verlangt. Eines der Mädchen habe er gegen einen Pfosten gestoßen, das andere getreten. Dem Vorwurf des Raubs (Nebenklage) beziehungsweise der versuchten räuberischen Erpressung (Staatsanwaltschaft) wollte das Gericht nicht folgen. Der Täter habe das Handy schnell zurückgegeben: „Er wollte zeigen, wer der Stärkere ist“. Die Hilfeschreie der Mädchen hatte ein Polizist, der in der Nähe wohnt, gehört. Er war zum Schulhof geeilt, hatte die Aufmerksamkeit des Täters auf sich gezogen, wenig später wurde 24-Jährige festgenommen.

Verurteilter: „Ich habe den beiden nichts angetan.“

Der Täter, der bereits als Kind Alkohol getrunken hat und seit vielen Jahren Drogen nimmt, wird nun indes nicht länger im Gefängnis sitzen müssen, sondern zunächst in einer Entziehungsanstalt eine Therapie machen. Der zweite Gutachter hatte für den jungen Mann, der offenbar eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (AHDS) hat, eine gute Prognose abgegeben.

Der Verurteilte ist mit der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zufrieden, aber nach wie vor überzeugt: „Ich habe den beiden nichts angetan.“ Während der Verhandlung deutete er auf die Frau mit dem Rippenbruch und erklärte: „Die lügt.“