Beim Auftakt zu ihrer Europa-Tournee in Belgrad hat sich Amy Winehouse mächtig blamiert. Die Fans pfiffen sie aus.  

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Belgrad - In einer Entzugsklinik hatte sich die britische Soulsängerin Amy Winehouse auf ihre Europa-Tournee vorbereitet. Die Anstrengungen waren vergebens. Zum Auftakt in Belgrad bot die skandalträchtige Britin ihren enttäuschten Fans ein torkelndes Trauerspiel. Dabei standen die Sterne für den Auftritt der Diva in Serbiens Hauptstadt eigentlich gut. Amy Winehouse sei nach ihrem Abstecher in eine Entzugsklinik wieder "clean" und freue sich auf den Auftakt ihrer Europatournee, hatte deren Management verbreiten lassen. In allen für die Tour gebuchten Hotels sei ein striktes Alkoholverbot verhängt und seien selbst die Minibars leer geräumt worden.

 

Erwartungsfroh harrten denn auch 20.000, zumeist weibliche Amy-Fans aus ganz Südosteuropa unter der stimmungsvoll beleuchteten Kalegmagdan-Festung auf die Frau mit der dunklen Stimme und den düsteren Botschaften. Eine warme Brise strich von der Donau über die Bühne. Doch schon als die erst wenige Stunden zuvor direkt aus London eingeflogene Amy im kurzen Minikleid auf die Bühne wankte, war klar, dass alle Trockenlegungs-Anstrengungen ihres 30-köpfigen Begleitstabs wohl vergeblich waren.

Der Schatten eine Sängerin

Erst taumelte sie in die Arme ihres Gitarristen, dann nestelte sie sich auf dem Boden sitzend ihr Schuhwerk von den hageren Beinen. Der erste Gesangsversuch endete mit der vulgären Vorstellung ihrer Musiker. Obwohl sich ihre elfköpfige Band nach Kräften ins Zeug legte, ertönten schon nach wenigen Minuten wütende Pfeifkonzerte über die Donauwiese. Die völlig desorientiert wirkende Britin schien die Unmutsbekundungen kaum zu bemerken: Lallend begrüßte die Bardin erst Athen und dann das Publikum in New York.

Schon nach wenigen Minuten stakste Amy von der Bühne. Was auch immer ihr hinter den Kulissen verabreicht wurde - auch nach ihrer taumelnden Rückkehr aufs Parkett präsentierte sich die 27-Jährige nur noch als ein Schatten der Sängerin, die 2007 mit dem Album "Back to Black" weltweit ein Millionenpublikum eroberte. Meist sah sie ihrer Band nur apathisch zu, versuchte sich gelegentlich in einigen tänzelnden Schritten oder nuschelte unverständliche Botschaften und Gesangsfetzen ins Mikrofon. Mit "Back to Black" brachte Amy während ihres gesamten Auftritts nur einen ihrer Hits komplett über die Bühne.

"Ihr habt gewusst, dass ich ein schlechtes Mädchen bin"

Die Veranstalter hatten das Unheil wohl schon geahnt und ihr angeschlagenes Zugpferd nicht als letztes, sondern wohlweislich noch vor dem ebenfalls verpflichteten Moby auf die Bühne geschickt. Amy gehe gerne früh ins Bett, hatte das Management ihre Verbannung ins Vorprogramm begründet. Früh war ihr bemitleidenswerter Auftritt tatsächlich beendet. Netto kam der gefallene Soulstar in Belgrad zwar nur auf wenige Gesangsminuten, aber dennoch zog sich Amys Trauerspiel viel zu lange hin. Wohl aus Vertragsgründen harrte ihre Band trotz der Arbeitsunfähigkeit ihrer Chefin exakt 60 Minuten auf der Bühne aus. 35 bis 50 Euro hatten die konsternierten Fans für ihre Karten berappen müssen - in einem Land mit einem Durchschnitts-Einkommen von 330 Euro ein kleines Vermögen. "Ihr habt gewusst, dass ich ein schlechtes Mädchen bin", hauchte sie vor ihrem endgültigen Abtritt ihrem enttäuschten Publikum zu.

Dieses dürfte von ihrem beklagenswerten Gastspiel indes weniger ihre Gesangsversuche als eine Szene in Erinnerung behalten, die kennzeichnend für die traurige Karriere der Amy Winehouse steht: Gleichgültig warf die gänzlich unpässliche Sängerin ihr Mikrofon in den Bühnengraben.