Entwürfe von Charles und Ray Eames liegen den erfolgreichsten Produkten des Schweizer Möberherstellers Vitra zugrunde. Gleich in vier Ausstellungen feiert das Unternehmen in Weil am Rhein das amerikanische Designerpaar.

Weil am Rhein - Ist es eine Ausstellung? Oder doch mehr eine Jubelfeier, wie man angesichts der Überschrift glauben könnte? „An Eames Celebration“ im Vitra Design Museum in Weil am Rhein ist beides: eine Ausstellung als Jubelfeier. Erstere machte der doppelt glückliche Umstand möglich, dass das Museum den Nachlass des amerikanischen Designerpaars verwaltet und dank seiner eigenen umfangreichen Sammlung an Eames-Design aus dem Vollen schöpfen kann. Die Jubelfeier aber hat darin ihren tieferen Grund, dass das Museum eine Schöpfung des Schweizerischen Möbelherstellers Vitra ist. Und der besitzt seit den Fünfzigerjahren die Produktionsrechte für Europa an den Möbelentwürfen der beiden Amerikaner. Was wäre angesichts der Tatsache, dass die Eames-Möbel bis heute zu den erfolgreichsten Produkten des Unternehmens zählen, verständlicher als vernehmlicher Jubel?

 

Gleich in vier über das Vitra Gelände in Weil verteilten Ausstellungen möchte das Museum aus Anlass des 110. Geburtstags von Charles Eames in diesem Jahr das umfangreiche Schaffen der vielseitigen Designer nahe bringen. Dabei knüpft die Schau partiell an die Ausstellung zum Möbeldesign im Barbican Centre London an, die für Weil am Rhein umfangreich ergänzt und neu inszeniert wurde. Mehr als 500 Exponate umfasst der vierteilige Parcours, darunter beispielsweise die äußerst seltenen Schichtholzskulpturen von Ray Eames. Interessant ist zumal die aufwendige Inszenierung von Multimedia-Installationen der Eames’, ein bisher wenig bekannter Aspekt des Gesamtwerks – wie „Glimpses of the USA“, eine filmische Montage auf sieben Großleinwänden, die sie für die American National Exhibition in Moskau 1959 schufen, oder die 22-teilige Diashow „Think“ für den Pavillon von IBM auf der Weltausstellung in New York 1964.

Spielzeug für Erwachsene

Vier Ausstellungen: Unter dem Titel „Play Parade“ erwartet die kleinen wie die großen Besucher in einem farbig bunten Parcours in der Vitra Gallery Spielzeug! Neben Objekten aus der umfangreichen Spielzeug-Sammlung, die die Eames’ von ihren Reisen aus aller Welt mit nach Hause brachten, werden eigene Schöpfungen, darunter Spielzeug für Erwachsene, sowie Kurzfilme zu diesem speziellen Segment ihrer Kreativität geboten.

Filme haben die Eames’ noch zu ganz anderen Themen gedreht. Mit einer Auswahl von rund sechzig ihrer insgesamt über hundert filmischen Arbeiten wird diese Facette ihres Schaffens in Zaha Hadids Feuerwehrhaus auf dem Vitra Gelände erstmals ausführlich gewürdigt. Im Vitra Schaudepot schließlich sind Prototypen, Studienmodelle und Relikte der Experimente von Charles und Ray Eames zum Möbeldesign ausgestellt, darunter so legendäre Schöpfungen wie der Lounge Chair oder die Plastik- und Aluminiumstühle.

Natürlich hat die zentrale Ausstellung ihren Ort im Vitra Design Museum. Im gewohnten Mix unterschiedlichster Medien und Formate bietet der abwechslungsreiche Parcours über Möbel und Skizzen hinaus Fotografien, Installationen und Architekturmodelle. Als Architekt entwarf Eames mit seiner Frau das gemeinsame Haus mit Atelier und Labor in Pacific Palisades/Kalifornien, aber etwa auch das Wohnhaus ihres Freundes Billy Wilder. Geboten werden zudem von dem Designerpaar gestaltete Bücher, Broschüren und Textilien, ja selbst künstlerische Arbeiten wie Skulpturen oder Malereien von Ray Eames.

Das Beste zum geringstmöglichen Preis

Bernice Alexandra Kaiser (dies Rays Mädchenname; den männlichen Nickname verdankte sie ihrem burschikosen Auftreten) hatte in New York bereits Kunst studiert, als sie 1940 Charles Eames kennenlernte. Ein Jahr später heirateten sie. Rays künstlerische Begabung und ihr Gespür für Farbe, Form und Komposition ergänzten sich bei der gemeinsamen Arbeit aufs Schönste mit Charles Eames’ technischen Fertigkeiten. Gemeinsam war beiden ein Zug zur Perfektion, der sie sich mittels aufwendiger Experimente näherten. Ein Beispiel dafür sind die Materialversuche mit verformtem Sperrholz für die Entwicklung innovativer hölzerner Beinschienen für die US-Navy im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg führten sie die Experimente im Hinblick auf ihr Möbeldesign fort, durch das sie in den Fünfzigern bekannt wurden.

Herzstück der Schau in dem Museum ist eine Installation von Prototypen, Modellen und bereits industriell produzierten Exemplaren von Stuhlentwürfen seit Ende der 1940er-Jahre: eine glanzvolle Parade von Inkunabeln des Möbeldesigns der Nachkriegszeit, Glasfaser- und Drahtgitterstühlen oder nicht selten abgerissen anmutenden Modellen mit schadhaftem Textilbelag oder abblätternder Farbe. Das Modell des „Minimum Chair“ aus beschichtetem Stahl von 1948 (das dann nicht in Serie ging) wirkt bereits wie eine Vorahnung von Philippe Starcks minimalistisch-postmodernem W. W. Stool. „Das Ziel besteht schlicht darin, der größtmöglichen Anzahl an Menschen das Beste zum geringstmöglichen Preis anzubieten“, lautete die Maxime der Eames. Ein anderer Glaubenssatz handelt von der Omnipräsenz von Design in der Gegenwart. Am Ende ist alles Design – und dieses für die Eames der Schlüssel für die Gestaltung der modernen Lebenswelt.

Vitra Design Museum/Schaudepot, Charles-Eames-Str. 2, Weil am Rhein. Bis 25. Februar – „Play Parade“ bis 11. Februar, täglich 10-18 Uhr.