Beim Bürgerkrieg in Syrien erweist sich die EU als hilflos. In der Diskussion um Waffenlieferungen an die Opposition ist Staatengemeinschaft zerstritten und Russland blockiert den Weltsicherheitsrat.

Berlin - Die internationale Staatengemeinschaft blickt seit zwei Jahren weit gehend gelähmt auf das Blutvergießen in Syrien. Russland hält im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen seine schützende Hand über das Regime des taumelnden, aber nicht stürzenden Machthabers Bashar al-Assad. Auch China weigert sich, nicht-militärischen Sanktionen zuzustimmen. Der Syrien-Sonderbeauftragte von Vereinten Nationen und Arabischer Liga, Lakhdar Brahimi, hat den Sicherheitsrat vergeblich zum Handeln aufgefordert. Mahnende Worte in Form einer gemeinsamen Erklärung des Sicherheitsrates ohne jeden Sanktionscharakter sind das Äußerste, wozu sich Russland hinreißen lässt.

 

Die EU gibt in diesem Konflikt ein armseliges, zerstrittenes Bild ab. Der Syrienkonflikt ist ein weiteres Beispiel, wie weit der Weg der EU zum Ziel einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik noch ist. Diese aber wird um so notwendiger, je weniger die Vereinigten Staaten eigene Sicherheitsinteressen in der Nachbarschaft Europas erkennen. Zwar konnten sich die EU-Mitgliedsstaaten in zähen Verhandlungsrunden auf Sanktionen gegen das Assad-Regime einigen, zu denen unter anderem ein Waffenembargo, ein Einreiseverbot in die EU für Mitglieder des Assad-Clans und das Einfrieren von Konten in der EU zählen. Aber wie mit der syrischen Opposition umzugehen ist, bleibt umstritten. Jetzt droht der Streit zu eskalieren.

Ausrüstung zum Selbstschutz

Großbritannien und Frankreich wollen die syrischen Rebellen aufrüsten. Deutschland hat das bisher abgelehnt. Erst vor knapp zwei Wochen rangen sich die 27 EU-Staaten dazu durch, der syrischen Opposition militärische Ausrüstungsgegenstände zukommen zu lassen, die nicht zum Töten taugen und dem Selbstschutz dienen. Dazu zählen gepanzerte Fahrzeuge oder Schutzwesten. Diese Lockerung des Waffenembargos sollte den Streit bis Ende Mai befrieden. Aber zu Beginn der Woche stellte Großbritanniens Regierungschef David Cameron klar, dass ihn die Einigung nicht kümmert und er die Opposition trotzdem aufrüsten will. Nun tat es ihm Frankreichs Staatspräsident François Holland gleich. Nur weil es eine „Blockade von einem oder zwei Ländern“ gebe, werde sich Frankreich seiner Verantwortung nicht entziehen. Außenminister Laurent Fabius erklärte gar, Frankreich könne „als souveräner“ Staat ohne EU-Einigung Waffen an syrische Rebellen liefern.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) lehnt dies bisher kategorisch ab und will der Opposition lieber Wirtschaftshilfe gewähren. Für diesen Kurs gibt es gute Gründe. Denn was in Syrien unter „Opposition“ firmiert, entspricht nicht in allen Teilen demokratischen Wertvorstellungen. Islamisten wollen sich die Instabilität des Landes an der Grenze zu Israel zu Nutze machen. Deutschland befürchtet, Waffenlieferungen könnten in die falschen Hände fallen.

Westerwelle in heikler Lage

Die harte Haltung Frankreichs und Großbritanniens bringt Westerwelle in eine heikle Lage. Den Tiefpunkt seiner Amtszeit erreichte er, als der Sicherheitsrat vor zwei Jahren über Militäraktionen gegen Libyen abstimmte. Deutschland enthielt sich und fand sich an der Seite Russlands und Chinas wieder. Im westlichen Bündnis war Deutschland isoliert, und der Bundesregierung ist seitdem daran gelegen, sich nicht erneut in eine Sackgasse zu manövrieren. Allerdings scheinen Großbritannien und insbesondere Frankreich nicht mehr sonderlich daran interessiert, Deutschland in sicherheitspolitische Überlegungen einzubinden. Der Mali-Einsatz der Franzosen überraschte Deutschland ebenso wie die jüngste Wendung im Syrien-Konflikt.

Entsprechend verärgert, zugleich aber auch vieldeutig klingen die deutschen Reaktionen. Verärgert deshalb, weil man sich doch erst kürzlich zusammengerauft habe, wie Westerwelles Sprecher Andreas Peschke betont. Vieldeutig deshalb, weil sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Westerwelle nicht mehr auf einer harten Haltung beharren. „Für uns ist wichtig, dass wir in Europa zu einer gemeinsamen Position finden“, erklärt Peschke. Wenn die Partner mit Westerwelle reden wollten, sei dieser bereit zu verhandeln: „Zu jeder Zeit, an jedem Ort und am besten sofort.“ Spätestens beim Treffen der EU-Außenminister in Dublin am kommenden Freitag.