Die internationalen Geldgeber erhöhen den Druck auf Athen – sie laden der griechischen Regierung ein weiteres Sparpaket auf. Kann Premier Tsipras das politisch überleben? Griechenland könnte schon wieder auf Neuwahlen zusteuern.

Athen - Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist nicht zu beneiden. Was hat er seinen Landsleuten nicht alles versprochen: Die verhasste Troika wollte er für immer aus Athen vertreiben, den Sparkurs beenden, die Privatisierungen stoppen, die Steuern senken und die Renten erhöhen. Wie anders sieht die Wirklichkeit aus: Nachdem Tsipras im vergangenen Sommer sein Land an den Abgrund des Staatsbankrotts geführt hatte und das Bankensystem vor dem Zusammenbruch stand, musste er als Bedingung für neue Hilfskredite strikte Spar- und Reformauflagen akzeptieren.

 

Während um deren Umsetzung noch gerungen wird, wollen die Geldgeber jetzt den Griechen ein weiteres Sparprogramm aufs Auge drücken: Das griechische Parlament soll gewissermaßen „auf Vorrat“ zusätzliche Maßnahmen beschließen, die umgesetzt werden, wenn das vorgesehene Haushaltsziel 2018 nicht erreicht wird. Es sieht in der Primärbilanz des Budgets, die den Schuldendienst ausklammert, einen Überschuss in Höhe von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) vor. Vor allem der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Zweifel, ob Griechenland diese Vorgabe einhalten kann und fordert deshalb jetzt „Reservebeschlüsse“, die zusätzliche Einsparungen von zwei Prozent des BIP erbringen sollen. Bis zum Donnerstag dieser Woche muss die griechische Regierung ein Konzept für diesen Notfallplan vorlegen. Dann könnte es ein weiteres Treffen der Eurogruppe geben, um die Maßnahmen abzusegnen.

Große Zugeständnisse der Gläubiger nicht zu erwarten

Damit erhöhen die Geldgeber den Druck auf Athen. Bei den laufenden Verhandlungen, die bereits um sechs Monate in Verzug sind, geht es um Einsparungen von drei Prozent des BIP, was einem Volumen von 5,3 Milliarden Euro entspricht. Sie sollen je zu einem Drittel mit einer Reform des hochdefizitären Rentensystems, mit höheren Einkommensteuern und einer Erhöhung der indirekten Steuern bestritten werden. Bereits dieses Paket bedeutet spürbare Einschnitte für die Griechen: Die Renten werden weiter gekürzt, Steuerfreibeträge gekappt, Einkommen höher besteuert und viele Verbrauchssteuern deutlich angehoben. Die Steuererhöhungen und Rentenkürzungen lösen bereits heftige Streiks und Proteste aus. Sie stoßen auch in den Regierungsparteien auf Widerstand.

Das jetzt geforderte Extra-Sparpaket hätte ein Volumen von weiteren 3,5 Milliarden Euro. Wie diese Summe zusammenkommen kann, ist bisher unklar. Die Geldgeber versuchen, Tsipras die bittere Pille etwas zu verzuckern – mit dem Versprechen, dass auch über Schuldenerleichterungen gesprochen werden soll, sobald Athen den zusätzlichen Auflagen zustimmt. Das ist zwar Tsipras‘ Lieblingsthema. Aber große Zugeständnisse der Gläubiger darf er schon deshalb nicht erwarten, weil die Euro-Partner den Griechen ohnehin bis 2022 eine weitgehende Befreiung von Tilgungen und Zinszahlungen gewährt haben. Ein Schuldenschnitt, wie ihn der Grieche anfangs forderte, ist ohnehin rechtlich und politisch so gut wie ausgeschlossen. Für Tsipras wird der Notfallplan damit zu einem Crashtest. Seine Koalition aus Links- und Rechtspopulisten verfügt nur über 153 der 300 Mandate im  Parlament. Das ist kein bequemes Kissen für so kontroverse Abstimmungen, wie sie nun bevorstehen.

Der „Grexit“ könnte rasch wieder aktuell werden

Wie wird Tsipras reagieren, wenn seine Mehrheit in Gefahr gerät? Der griechische Premier neigt zu Kurzschlusshandlungen, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt. Er drückt sich dann gern vor der Verantwortung und überlässt die Entscheidung den Wählern. Denkbar, dass er wieder eine Volksabstimmung veranstaltet, wie im vergangenen Juli. Oder dass er Zuflucht zu Neuwahlen sucht, wie im September. Unabhängig von ihrem Ausgang würden solche Abstimmungen das Griechenland-Hilfsprogramm wohl endgültig aus dem Gleis werfen. Das Thema „Grexit“ käme ganz schnell wieder auf die Tagesordnung. Kein Wunder, das Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jüngst Zweifel am Erfolg der Griechenland-Rettung äußerte: „Ich bin nicht sicher, dass es klappt“, sagte er.