Kaum ein anderes Gemüse hat solch einen Siegeszug in der deutschen Küche hingelegt wie das „weiße Gold“. Noch vor 20 Jahren wurde Spargel nur an ausgewählten Ecken im Süden Baden-Württembergs kultiviert.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Kaum ein anderes Gemüse hat solch einen Siegeszug in der deutschen Küche hingelegt wie das „weiße Gold“. Noch vor 20 Jahren wurde Spargel nur an ausgewählten Ecken im Süden Baden-Württembergs kultiviert, heute wird das Gemüse Schätzungen zufolge alleine im Südwesten auf mehr als 1000 Hektar angebaut, deutschlandweit sind es etwa 23 000 Hektar. Während die Spargel-Zeit früher auf sieben Wochen beschränkt war („Sieben Wochen Spargel essen nicht vergessen“), geht die Saison dank Folie und Beetheizung heute früher los denn je. In diesem Jahr starteten die Spargel-Festspielwochen bereits Ende März. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist des Deutschen Lieblingsspargel eindeutig der weiße. Kenner schwören auf badische Sandböden und lassen maximal noch Spargel aus Beelitz oder Bayern gelten.

 

Dabei wird längst auch rund um Stuttgart vorzeigbare Qualität angebaut. Zum Beispiel in Fellbach auf dem Schmidener Feld. Klaus Bauerle war einer der ersten, der in der Region auf Spargel setzte. 1982 begann er, mit grünem Spargel zu experimentieren. „Auf solch schweren Lehmböden Spargel anzubauen, war damals absolutes Neuland“, sagt Bauerle. Reisen nach Neuseeland brachten ihn auf die Idee, grünen Spargel zu kultivieren. „In den angelsächsischen Ländern ist der grüne Spargel viel beliebter als der weiße. Weltweit essen die Menschen zu 70 Prozent grünen und nur zu 30 Prozent weißen.“ Anfangs lieferte er den Fellbacher Spargel nach Frankreich und nach München auf den Viktualienmarkt, bis auch der gemeine Schwabe auf den Geschmack kam. 1988 war die Nachfrage so groß, dass Bauerle auch weißen Spargel anpflanzte. Heute baut Bauerle seinen Spargel auf rund 50 Hektar an.

Terroir spielt auch beim Spargelanbau eine Rolle

Und was macht ihn nun aus, den Spargel vom Schmidener Feld? „Das Terroir, das beim Wein eine Rolle spielt, können wir auch beim Spargel beobachten. Unser Produkt ist viel wuchtiger, viel massiver – wie der Boden, auf dem wir anbauen“, so Bauerle. Der Spargel-Enthusiast schwärmt in den höchsten Tönen, wenn er von seinem Lieblingsgemüse spricht. Spargel sei im Anbau viel spannender als alles andere Gemüse.

Von Fellbach geht die Spargel-Expedition weiter nach Korntal-Münchingen. Dort bauen Claudia und Wolfgang Hengel seit 1998 Spargel an. Der weiße „Gäu-Spargel“ ist bei Gourmets sehr beliebt. So beliefern die Hengels unter anderem das Stuttgarter Sternerestaurant Delice. „Auf dem Restaurant-Geschäft liegt unser Fokus aber nicht, dafür sind wir viel zu klein“, sagt Wolfgang Hengel. Mit den neun Hektar Erntefläche sei man ein „Fliegenschiss“ im Vergleich zu den großen Produzenten in Norddeutschland, die zum Teil mehrere Hundert Hektar bewirtschaften.

Anbau unter Folien ist weit verbreitet

Am Anfang sei Hengel verspottet worden, als er in Münchingen mit Spargel experimentierte. „Alle haben uns prophezeit, dass die Sand-Pflanze niemals auf unserem schweren Lehm-Boden mit seinem hohen Tonanteil funktionieren würde“, erinnert sich Hengel. Nach der ersten Ernte sei aber schnell klar gewesen, das der Gäu-Spargel etwas Besonderes ist. „Ich wollte mich damals mit anderen Landwirten zusammenschließen, um ein zweites Schwetzingen oder Schrobenhausen zu gründen. Leider hat sich keiner getraut, dabei mitzumachen.“

Wie praktisch 95 Prozent der Spargel-Produzenten baut Hengel seinen Spargel mit Folie an. Feinschmecker und Ökologen sehen darin mindestens den Untergang des Abendlandes. „Die Erosionsgefahr ist tatsächlich nicht zu unterschätzen. Wir versuchen aber, dem Boden unter der Folie genügend Zeit zur Regeneration zu geben.“

Kunden schätzen den Filder-Spargel

Letzte Station unserer kleinen Tour de Schwaben-Spargel: Neuhausen auf den Fildern. Auch Bernhard Bayer setzt auf seinem Talhof auf Folien, mit denen man die Temperatur regulieren kann. Zu Beginn des Winters kommt die schwarze Seite nach oben, um die Wärme zu bündeln, später die weiße Seite, um die Wärme abzuhalten. Bayer pflanzt Spargel seit 1999, 2002 konnte er die erste Ernte einfahren. „Früher haben wir ganz klassisch Sauerkraut angebaut. Durch die Erweiterung der Messe wurde unsere Ackerfläche aber knapper, da haben wir auf Spargel umgesattelt, um uns von den anderen abzuheben“, so Bayer.

Anfangs seien die Kunden skeptisch gewesen, heute sei der Filder-Spargel sehr beliebt. Mittlerweile baut Bayer auf rund vier Hektar weißen und grünen Spargel an. An seinem Stangengemüse schätzt Bayer das „intensive Aroma, unsere Kulturen wachsen langsamer als anderswo.“ Und wer weiß: Wenn es bei Bayer weiter so gut läuft mit seinem Stangengemüse, steht eines Tages vielleicht ein Filderspargelfest als Fixpunkt in den hiesigen Gourmetkalendern.