Gründung 60 Delegierte aus allen Landesteilen hatten sich am 8. Januar 1912 in der Methodistenkirche von Waaihoek versammelt. Sie gehörten alle entweder der afrikanischen Aristokratie an oder übten angesehene Berufe aus - darunter viele Ärzte, Juristen und Lehrer. Sie repräsentierten nur einen kleinen Teil der schwarzen Bevölkerung.

Gründe Nach dem Burenkrieg verweigerten die weißen Südafrikaner der afrikanische Bevölkerung das Wahlrecht und das Recht auf Landbesitz.

Aktion Der erster ANCPräsident John Dube schrieb Petitionen an die weiße Minderheitsregierung. Er fuhr nach London, um sich am Königshof über die schlechte Behandlung zu beklagen. Ohne Erfolg. Zehn Jahre nach seiner Gründung wirkte der ANC fast wie von der politischen Bühne verschwunden.

Jugend Erst das Aufkommen einer neuen Generation, zu der Nelson Mandela gehörte, machte aus dem Club eine schlagkräftige Organisation. Mandela & Co. gründeten 1944 die ANC-Jugendliga und organisierten zivile Ungehorsamskampagnen nach dem Vorbild Gandhis. Als die Polizei 1960 beim Massaker von Sharpeville 69 Demonstranten erschoss, rief er zum bewaffneten Kampf auf und gründete den bewaffneten Flügel des ANC.

"In gewisser Weise sind wir Opfer unseres Erfolges geworden", räumt ANC-Exekutivratsmitglied Pallo Jordan ein: Die seit 18 Jahre ununterbrochen regierende Partei habe Leute angezogen, die mit der Moral und dem Gedankengut der Organisation gar nichts zu tun hätten. Lebendiges Beispiel ist der verurteilte Betrüger Kenneth Kunene, der es nach seinem Knastaufenthalt infolge seiner Beziehungen zur ANC-Spitze zu beträchtlichem Reichtum brachte.

Der Verfall der politischen Prinzipien

Der Niedergang des ANC wird meist schon mit dem - gescheiterten - Übergang von der Befreiungsbewegung zur Regierungspartei in Verbindung gebracht. Möglichst schnell reich zu werden, sahen viele der nach Jahrzehnten der Entbehrungen endlich an die Macht gekommenen "Comrades" als ihr hart errungenes Recht: Dass das nicht immer nur mit rechten Dingen zuging, war dabei von untergeordneter Bedeutung.

Die unter die Decke gekehrten korrupten Vorgänge um einen riesigen Waffendeal - die noch heute dunkle Schatten auf führende Repräsentanten der Partei einschließlich des Präsidenten werfende "Ursünde" des neuen Südafrika - zeigten, dass man selbst auf frischer Tat ertappt nicht mit Konsequenzen rechnen muss: Auf diese Weise blieb der für ein Gemeinwesen unverzichtbare Grundsatz der Rechenschaftspflicht auf der Strecke.

In Reflexionen zum ANC-Jubiläum beklagen Kirchenführer und Theologen außerdem die skandalöse Weise, in der die Regierungspartei die Armen vernachlässige. Auch das ein Besorgnis erregendes Indiz dafür, wie die einst hehre Sozialmoral der Befreiungsbewegung vor die Hunde gekommen ist. Der Verfall seiner politischen Prinzipien ist nicht der alleinige Grund für den Niedergang des ANC: Sein Biograf William Gumede zeigt auf, wie auch das undurchsichtige und undemokratische Verfahren der archaischen Organisation, ihre Führer zu bestimmen, der Partei enormen Schaden zufügt.

Mandela außer Gefecht gesetzt

Solche Anachronismen könnten jedoch mühelos verändert werden, wenn der ANC noch über den "moralischen Kompass" verfüge, der ihn einst durch wesentlich gefährlichere Gewässer navigierte, ist der ehemalige Geheimdienstminister Ronnie Kasrils überzeugt. Das Jubiläum könnte ein hervorragender Anlass sein, den ANC zur Besinnung zu bringen. Hinweise, dass die über ein Jahr verteilten Feierlichkeiten auf diese Weise genutzt werden könnten, sucht man vergebens.

Unglücklicherweise ist auch der Mann, der eine solche Renaissance eigenhändig initiieren könnte, außer Gefecht gesetzt: Mit seinen 93 Jahren ist Nelson Mandela nicht mehr in der Lage, sich in solche Debatten einzuschalten. Was der Doyen des ANC seinen Parteigenossen ins Stammbuch schreiben würde, darüber gibt es nach den Worten seiner langjährigen Freundin Amina Cachalia keinen Zweifel: "Wendet euch dem Wohl der Allgemeinheit zu und vergesst eure persönlichen Interessen."

Der Weg des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) an die Macht

Gründung 60 Delegierte aus allen Landesteilen hatten sich am 8. Januar 1912 in der Methodistenkirche von Waaihoek versammelt. Sie gehörten alle entweder der afrikanischen Aristokratie an oder übten angesehene Berufe aus - darunter viele Ärzte, Juristen und Lehrer. Sie repräsentierten nur einen kleinen Teil der schwarzen Bevölkerung.

Gründe Nach dem Burenkrieg verweigerten die weißen Südafrikaner der afrikanische Bevölkerung das Wahlrecht und das Recht auf Landbesitz.

Aktion Der erster ANCPräsident John Dube schrieb Petitionen an die weiße Minderheitsregierung. Er fuhr nach London, um sich am Königshof über die schlechte Behandlung zu beklagen. Ohne Erfolg. Zehn Jahre nach seiner Gründung wirkte der ANC fast wie von der politischen Bühne verschwunden.

Jugend Erst das Aufkommen einer neuen Generation, zu der Nelson Mandela gehörte, machte aus dem Club eine schlagkräftige Organisation. Mandela & Co. gründeten 1944 die ANC-Jugendliga und organisierten zivile Ungehorsamskampagnen nach dem Vorbild Gandhis. Als die Polizei 1960 beim Massaker von Sharpeville 69 Demonstranten erschoss, rief er zum bewaffneten Kampf auf und gründete den bewaffneten Flügel des ANC.

Verbot Der ANC wurde verboten, viele wurden inhaftiert oder flohen ins Ausland. Bald war der schwarze Widerstand wieder so gut wie gebrochen, auch interne Querelen entzweiten die Befreiungskämpfer.

Sieg Heute stellt sich der ANC gerne als einziger Vater der Befreiung dar. Dem Kampf der UDF (und weit weniger dem Guerillakrieg des ANC) ist es zuzuschreiben, dass die weiße Minderheitsregierung schließlich 1989 aufgab und zu Verhandlungen über eine demokratische Zukunft bereit war. Das wurde zur Sternstunde des ANC und seines damals noch ungekrönten Präsidenten Nelson Mandela. Er führte die Verhandlungen mit der weißen Minderheitsregierung. Zum Schluss hatte der ANC fast alles erreicht, was zu erreichen war. Andere Organisationen des schwarzen Widerstands, die dem ANC die Macht hätten streitig machen können, wurden erfolgreich abgedrängt: Bei den ersten demokratischen Wahlen 1994 bekam die Partei 62 Prozent der Stimmen.