Der Philologenverband reagiert damit auf einen Bericht unserer Zeitung über die starke Nachfrage nach G9 in Stuttgart. Eine aktuelle Studie unterstreiche diesen Elternwunsch.

Stuttgart - Die Anmeldungen auf die weiterführenden Schulen zeigen gerade in Stuttgart eine große Nachfrage nach dem neunjährigen Gymnasium. Doch es gibt auch im kommenden Schuljahr nicht genügend Plätze für alle Bewerber aus den vierten Klassen. Der Bericht unserer Zeitung über den „Dauerbrenner G9“ hat den Philologenverband Baden-Württemberg alarmiert. Er fordert jetzt erneut die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 als flächendeckendes Angebot an den allgemeinbildenden Gymnasien.

 

„Wann, wenn nicht jetzt nach dem coronabedingten Fern- und Wechselunterricht, brauchen die Schülerinnen und Schüler genügend Zeit, entstandene Lernlücken aufzuarbeiten, um erfolgreich am Gymnasium durchzustarten?“, fragt der Gymnasiallehrerverband. Dessen Vorsitzender Ralf Scholl verlangt: „Die Landesregierung muss Wünsche von Schülern, Eltern und Lehrkräften endlich ernst nehmen.“ In Stuttgart hatten sich 311 der insgesamt 2314 Bewerber auf die städtischen Gymnasien für den langsameren Weg zum Abi beworben, doch etliche mussten leer ausgehen und sich mit einem Platz auf einem G8-Gymnasium zufriedengeben. Und alles nur, weil man im „Kinderland Baden-Württemberg“ im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht bereit sei, „das notwendige Geld für eine Ausweitung des G9-Bildungsgangs zu investieren“, kritisiert der Verband. Am Stuttgarter Wilhelms-Gymnasium hatte diese Situation sogar schon dazu geführt, dass die Schule gelost hat, wer von den Bewerbern aufs G9 verzichtet und dafür ins G8 geht. Inzwischen gibt es dort keine G8-Klassen mehr.

Einer aktuellen Studie zufolge wünschen sich die meisten Gymnasialeltern G9

Die Behauptung der Landesregierung, es bestehe kein Bedarf, werde zudem durch eine aktuelle Studie der Arbeitsgemeinschaften der gymnasialen Elternbeiräte widerlegt. Bei einer Umfrage bei Gymnasialeltern im Südwesten hätten 18 000 mitgemacht, und mehr als 89 Prozent hätten „einen klaren bis sehr deutlichen Wunsch nach G9“, so der Verband. Die Begründung dafür liege auf der Hand. Denn die baden-württembergischen Abiturienten müssten mit acht Jahren im Gymnasium in den Wettstreit um die deutschlandweiten Studienplätze gehen, während in den meisten anderen Bundesländern die Absolventen neun Jahre Zeit für diesen Reifeprozess hätten, argumentiert der Philologenverband und fragt: „Wo bleibt hier die Bildungs- und Chancengerechtigkeit?“