Nach zwölf Jahren als Profi hört der frühere VfB-Verteidiger Andreas Hinkel auf – und lässt die Stationen seiner bewegten Laufbahn Revue passieren.

Stuttgart - Andreas Hinkel (30) beendet seine Karriere. Der Rechtsverteidiger ist einst beim VfB Stuttgart groß geworden, wo er mit Kevin Kuranyi und Alexander Hleb die erste Generation der jungen Wilden bildete. Damit wurde der Club bundesweit zu einer Marke. Im Sommer 2006 wechselte er nach 156 Bundesligaeinsätzen zum FC Sevilla, ehe er zwei Jahre später zu Celtic Glasgow ging. Zuletzt stand er noch beim SC Freiburg unter Vertrag. Er bestritt 21 Länderspiele und hat in zwölf Jahren fast alles erlebt, was ein Fußballprofi erleben kann. Andreas Hinkel über. . .

 

. . .die Gründe seines Karriereendes „Ausschlaggebend waren die vielen Veränderungen, die sich ergeben haben – sportlich und privat. Nur ein Beispiel: je älter man wird, umso kürzer wird die Vertragslaufzeit, die einem angeboten wird. Meist handelt es sich dann nur noch um ein Jahr. Diese Möglichkeit hätte ich auch jetzt wieder gehabt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, eine Saison da zu spielen und die nächste dann dort und die übernächste wieder woanders. Ich habe eine Familie. Da will ich nicht einfach irgendwo unterschreiben, nur um die Laufbahn noch etwas zu verlängern. Das ist nicht meine Art.

. . .seine Pläne „Das ist jetzt ein gewaltiger Einschnitt. Aber der Fußball hat mir so viel gegeben, dass ich weiter dabei bleiben will. Gerade mache ich den Trainer-B-Schein in Ruit. Ich will jedoch in alle Bereiche hineinschnuppern und mir die Voraussetzungen schaffen, überall tätig sein zu können – ob als Trainer, Manager oder auch als Spielerberater. Momentan weiß ich noch nicht, was mir am meisten liegt.“

. . .den Jugendwahn in der Bundesliga „Als ich jung war, hatte ein Talent kaum eine Chance. Der VfB war die Ausnahme. Die Spieler der deutschen U 21 haben damals nicht in der Bundesliga gespielt, sondern teilweise sogar in der Regionalliga. Das hat sich ins andere Extrem gedreht. Ich weiß nicht, wie weit der Altersdurchschnitt noch runtergehen soll. Ich habe nichts gegen junge Leute, aber Erfahrung ist auch wichtig. Sonst könnte das dazu führen, dass man international keine Titel mehr holt. Schauen wir nur nach Spanien: die Säulen der Mannschaft wie Xavi, Iniesta, Xabi Alonso oder Casillas sind alle um die 30.“

. . .seinen schönsten Sieg „Dazu gehört das Spiel am 1. Oktober 2003 mit dem VfB in der Champions League gegen Manchester United. Wir haben 2:1 gewonnen. So eine Atmosphäre herrschte in Stuttgart nie mehr. Das war Gänsehaut pur. Oft denke ich auch an mein erstes Derby mit Celtic in Glasgow. Wir haben die Rangers in letzter Sekunde geschlagen. Da hat das ganze Stadion gebebt. Und natürlich war es auch toll, mit Sevilla den Uefa-Cup zu gewinnen.

. . .die bitterste Niederlage „Die Ausbootung für die WM 2006 hat mich schwer getroffen. Ich stand im erweiterten Kader, machte den Leistungstest mit und hatte schon alle Unterlagen über den Verlauf unserer Vorbereitung. Dann kam der frustrierende Anruf von Jürgen Klinsmann. Ich war nur noch enttäuscht.“

. . .seinen härtesten Trainer „Ich würde sagen: Felix Magath. Er hat unglaublich viel verlangt, aber er war auch fair.“

. . .Giovanni Trapattoni „Eine schillernde Figur. Beim VfB hatte er vielleicht das Problem, das wir keine Mannschaft waren, die seinem Niveau entsprochen hätte. Denn er arbeitete immer mit den Besten der Besten – ob in Italien oder Portugal.“

. . .die größte Herausforderung „Die Zeit in Sevilla. Von der spielerischen Qualität her war das eine andere Stufe als zuvor beim VfB oder danach bei Celtic. Das war eine andere Welt und eine neue Fußballdimension für mich.“

. . .seinen verrücktesten Mitspieler „Spontan fallen mir zwei ein: Viorel Ganea beim VfB und Scott Brown bei Celtic. Das waren lustige Jungs, die jeden Spaß mitgemacht haben. Einfach herrlich durchgeknallte Typen – aber im positiven Sinn.“

. . .den unangenehmsten Gegenspieler „Da erwartet jeder große Namen, weil ich gegen viele Stars gespielt habe. Etwa zweimal gegen Cristiano Ronaldo, den ich aber gut im Griff hatte. Mehr Mühe hatte ich mit Andrés Mendoza aus Brügge, gegen den ich im November 2002 im Uefa-Cup spielen musste. Der war wahnsinnig schnell. Aber vielleicht habe ich ihn auch unterschätzt.“

. . .seinen besten Fußballerfreund „Thomas Wörle, mit dem ich in der Jugendnationalmannschaft auf einem Zimmer lag. Heute trainiert er die Frauen des FC Bayern. Der Kontakt ist nie abgerissen. Letztes Jahr war ich auch auf seiner Hochzeit.“

. . .die Perspektive des VfB „Der Club ist sparsam. Grundsätzlich ist das okay, aber die Konkurrenz rüstet auf. Da muss man aufpassen, dass man nicht im Mittelmaß verschwindet. Das würde einem Verein mit dem Anspruch des VfB nicht gerecht.“