Regio Desk: Achim Wörner (wö)


Ein anderes aktuelles Thema ist der Verkauf der LBBW-Wohnungen an das Immobilienunternehmen Patrizia. Da hat Ihnen die grün-rote Landesregierung eine Steilvorlage gegeben – ausgerechnet ein CDU-Kandidat kann sich als Anwalt der Mieter profilieren.
Dass das Stuttgart bewegt, ist klar. Es handelt sich um insgesamt 20 000 Wohnungen, das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Aber man muss fair bleiben: Der Verkauf war eine Auflage der EU, die auch die Spielregeln für ein solches Geschäft festlegt. Dass die Stadt alles unternommen hat, um beteiligt zu sein an einem Herzstück des Stuttgarter Wohnungsmarkts, war richtig. Umso bedauerlich ist, dass sie den Zuschlag nicht bekommen hat. Jetzt fehlt der Spielraum bei der Gestaltung der sozialen Infrastruktur.

Und Stuttgart 21? Wie sehen Sie da die Rolle des künftigen Rathauschefs?
Natürlich muss er dafür sorgen, dass das Projekt sauber umgesetzt wird. Es ist wichtig für die Stadt, dass dies zügig geschieht und nicht jeden Tag herumgestritten werden muss. Denn jede Verzögerung bedeutet ja auch, dass die Belastungen für die Bürger länger andauern. Wichtig ist, dass sich die Stadt und der OB in die Moderation dieses Prozesses einbringen.

Der derzeitige Amtsinhaber hat jegliche öffentliche Kritik an der Bahn stets gescheut. Würden Sie als OB dem Bahn-Chef auch mal die Meinung geigen, wenn es nottut?
Wer mich kennt, weiß, dass ich sozusagen Mitglied im Verein für deutliche Aussprache bin und mit Bahn-Chef Grube bei Bedarf sprechen und auch öffentlich Stellung beziehen würde. Ich gebe aber nicht den Dauerkritiker.

Sie sind als Sozialminister über den US-Präsidenten George W. Bush hergezogen und haben sich auch verbal mit führenden Repräsentanten der katholischen Kirche angelegt. Das hat Sie Ihr Ministeramt gekostet. Haben Sie Ihr Mundwerk heute besser im Griff?
Ich bin älter geworden, und manche Erfahrungen prägen einen. All die Dinge haben sich damals ja in einem ganz kleinen Kreis abgespielt. Es gibt kein einziges Beispiel dafür, dass ich in der Öffentlichkeit mal danebengegriffen und mich desavouiert hätte. Ich glaube, dass ich mit meinem Rücktritt die größtmöglichste Konsequenz gezogen habe. Ich reagiere heute selbst in hochemotionalen Situationen gelassener als vor sechs Jahren.
Das Gespräch führten Thomas Braun, Jörg Nauke und Achim Wörner.