Kaufmann lädt Scheuer ein, damit der Chef des Berliner Verkehrsressorts sich ein Bild von den Blechlawinen machen kann.

Leonberg - Erst in der Nacht zum Mittwoch ist das Leonberger Zentrum einmal mehr zur Autobahn geworden. Von 23 Uhr am Abend bis 6 Uhr in der Früh waren die Wege zwischen dem Westanschluss und dem Stadtausgang nach Ditzingen in beide Richtungen voll mit Lastern und Autos. Genau in dieser Zeit war der Engelbergtunnel wegen Bauarbeiten gesperrt.

 

Das sollte sich Deutschlands oberster Verkehrsverantwortlicher ruhig selbst einmal anschauen, meint Oberbürgermeister Martin Kaufmann (SPD) und hat daher den Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) auf einen Besuch eingeladen.

Stadt muss Einschnitte in die Lebensqualität reparieren

Denn selbst bei allen Bemühungen um bessere Luft, einen leistungsstarken Nahverkehr und weniger Lärm: „All diese Maßnahmen greifen zu kurz, wenn an der offiziellen Umleitungsstrecke festgehalten wird“, schreibt der OB an den Minister.

Bekanntermaßen wird bei Staus auf den Autobahnen oder beim gesperrten Tunnel der komplette Verkehr über die B 295 direkt durch Leonberg geführt, sogar mitten in der Nacht wie am frühen Mittwoch.

Die Stadt, so argumentiert Kaufmann im Brief an Scheuer, muss also Einschnitte in die Lebensqualität reparieren, „die sie mit Blick auf die Bundesautobahn nicht selbst zu verantworten hat.“

Leonberg bekommt Fördergelder aus Berlin

Leonberg „nimmt diese Herausforderung mit einem sehr aufgeschlossenen und lösungsorientierten Gemeinderat, motivierten Mitarbeitern und einer stark interessierten und mitwirkungsbereiten Bürgerschaft gerne an“, schreibt der Oberbürgermeister an den Ressortchef in Berlin. Nur bedürfe es dessen Hilfe, um die Bausteine von einer möglichen Seilbahn bis hin zu einem Tunnel zu einem Gesamtkonzept zusammenzufügen.

All dies würde Kaufmann dem Minister Scheuer am liebsten direkt vor Ort erläutern, aber auch nach Berlin reisen, um dort mit Scheuer zu sprechen.

Zwar hat das Ministerium auf den Brief noch nicht geantwortet, aber gleichwohl ein erstes positives Signal gesendet: Leonberg erhält Fördermittel von knapp einer Million Euro, um die Verkehrswende vor Ort zu bewältigen.

Neues Leitsystem dringend gesucht

Für den Aufbau eines Parkleitsystems, mit dem die Autos zu freien Parkhäusern und -Plätzen gelenkt werden, gibt es 457 466 Euro vom Bund. Gerade angesichts der aktuellen Diskussion um das Altstadtparkhaus wird vom Handel wie auch von der Politik ein Leitsystem dringend angemahnt.

Schon lange auf der Wunschliste steht ein neuer Verkehrsrechner, mit dem etwa die Ampelschaltung gesteuert wird. Dafür überweist Berlin 261 800 Euro. Lokale Verkehrsexperten stufen einen neuen Rechner als besonders notwendig ein. Denn von einer grünen Welle kann in der Innenstadt keine Rede sein. Auch die Abstimmung zwischen Autos und Bussen kann so besser geregelt werden.

Schließlich stehen noch 201 973 Euro für digitale Anzeigetafeln an Bushaltestellen bereit, die es bisher nur am Bahnhof gibt. Insgesamt also fließen 921 239 Euro nach Leonberg. All das Geld kommt aus dem bundesweiten „Sofortprogramm Saubere Luft 2017 bis 2020“, bei dem das Bundesverkehrsministerium rund 60 Millionen Euro an die Kommunen vergibt, um einen besseren Nahverkehr, grüne Wellen und eine schnellere Parkplatzsuche vor Ort anzukurbeln.

Brenner war in Berlin

Der Baubürgermeister Klaus Brenner war dieser Tage eigens nach Berlin gereist, um dort die offiziellen Förderbescheide, die mit dem Bundesadler versehen sind, von Andreas Scheuer entgegenzunehmen. Im Gegenzug überreichte Brenner den Brief, in dem Oberbürgermeister Kaufmann den Verkehrsminister einlädt.

Der OB ist optimistisch, dass er Scheuer in absehbarer Zeit im Rathaus begrüßen kann. „Ich traue ihm durchaus zu, dass er nach Leonberg kommt“, sagt Kaufmann im Gespräch mit unserer Zeitung. „Der Kollege Brenner hat mir den Minister als sehr zugänglich und offen für die Probleme beschrieben. Er ist auf jeden Fall sehr herzlich willkommen bei uns.“