Seit Beginn des Jahres gibt es wieder Führungen auf den Fernsehturm. Einblick in die Technik und Anekdoten aus fast 61 Jahren. Nur in den Bauch des Turms kommt man nicht (mehr).

Stuttgart - Sibylle Böpple gerät regelrecht ins Schwärmen. „Was für eine Taille“, sagt sie mit Begeisterung im Blick, „nicht einfach ein grober Klotz.“ Der so Gepriesene schweigt und reckt sich wie schon seit über 60 Jahren bolzengerade in die klirrend kalte Winterluft. Man muss leider davon ausgehen, dass der Stuttgarter Fernsehturm das Kompliment nicht hören kann, aber es stimmt schon. Im Verhältnis zu anderen umbauten Antennenmasten hat der erste Fernsehturm der Welt tatsächlich eine Taillierung wie die weißen Hemden des Bundestrainers und ist somit etwas ganz Besonderes. Und das kann man sich jetzt auch wieder fundiert erklären lassen.

 

Nachdem der Turm nach seiner Schließung 2013 seit Ende Januar 2016 für die Öffentlichkeit wieder zugänglich ist, gibt es seit Jahresbeginn 2017 auch wieder Führungen durch das Stuttgarter Wahrzeichen. Leider kommt man dabei nicht mehr in das Fundament oder in das Treppenhaus, weil eine Verordnung darin ein Sicherheitsrisiko sieht. So sei zum Beispiel die Treppe hinunter zur imposanten Bodenplatte „zu eng und zu steil“, wie Sybille Böpple, eine der fünf Führer, erklärt. Wie auch immer – der elegante Turm erträgt jede wie auch immer geartete Verordnung mit stoischer Ruhe und neigt dazu höchstens leicht amüsiert den Korb. Aber nur maximal 15 Zentimeter – so viel Schwankung ist bei heftigem Wind oder starken Temperaturdifferenzen tatsächlich möglich. Mehr aber nicht.

200 Jahre macht der Turm locker

Solche und viele andere technische Details aber auch so manche Anekdote aus der Turm-Historie erfährt man bei der knapp einstündigen Führung. Für die technisch interessierten Besucher wird der Turm in Baukörper, Tonnen, Kabellängen und Treppenstufen seziert, dazu läuft auch ein Film auf einem allerdings etwas bescheiden dimensionierten Schirm, und es gibt technische Zeichnungen an den Wänden des Veranstaltungsraumes. Die weniger technisch affinen hören von Führerin Böpple Amüsantes und Erstaunliches aus der Geschichte. So zum Beispiel, dass sich die Stuttgarter tatsächlich beim Bau Gedanken darüber gemacht haben, ob der Turm nicht einfach umfallen würde, wenn die Gäste alle auf eine Seite der Aussichts-Terrasse strömen würden, um die Besucher des Luftbads beim Ringtennis oder im Saunagarten zu beobachten. Abgesehen davon, dass man aus 150 Metern nicht besonders viel sehen könnte, hielte der Turm die Gewichtsverlagerung locker aus. So schnell fällt der nicht um – trotz Taille.

Erbauer Fritz Leonhardt gab seinem Meisterwerk bei der Eröffnung 1956 „gut und gerne 200 Jahre“. Man muss sich also nicht besonders mit der Führung beeilen, sollte aber wissen, dass die wenigen Termine gut nachgefragt sind.

Die Führungen in dem vom Südwestrundfunk betriebenen Gebäude finden 14-tägig an Montagen um 14.30 Uhr und um 16.30 Uhr statt. Sie kosten 10,50 Euro für Erwachsene plus Liftfahrkarte. Alle Infos und Reservierungen online unter:www.fernsehturm-stuttgart.de