Das Geschäft der Schorndorfer Tafel war bisher in der Grabenstraße. Nun ist es in der Wilhelmstraße, wo bisher Bedürftige Kleidung günstig kaufen konnten. Beide Geschäfte haben die Räume getauscht – was Vorteile bringt.
Renate Frank und Helmut Topfstedt gibt es nur im Doppelpack – zumindest was den Schorndorfer Tafelladen betrifft. Die Senioren haben die Leitung der Tafel inne und setzen sich als eingespieltes Team in der Arbeit für Bedürftige ein. Im Jahr 2004 wurde der Tafelladen in Schorndorf gegründet. Seitdem haben die beiden nunmehr 78 Jahre alten Engagierten viele Jahre am Standort Grabenstraße gewirkt.
Die Tafel ist umgezogen, die neuen Räume konnten frisch gestaltet werden
Im Jahr 2019 kam in der Wilhelmstraße ein Kleiderladen namens „Querbeet“ für Bedürftige dazu. Nun haben die beiden Ladengeschäfte die Räumlichkeiten getauscht. „In der Wilhelmstraße wurden Zimmer frei, weil ein dort ansässiges Geschäft aufhörte. Wir haben jetzt zwar nicht wirklich mehr Platz für die Tafel, aber wir konnten gestalten, Wände versetzen und uns neu einrichten“, sagt Renate Frank, die stolz ist, dass es auch einen Tafel-Garten und eine Fahrradwerkstatt der Tafel gibt.
Den größten Vorteil des Tausches sieht das Duo, das im Gespräch wie ein vertrautes Ehepaar wirkt, darin, dass das noch relativ neue Klamottenangebot jetzt richtig viel Platz hat und zu einem „Kaufhäusle“ angewachsen sei. Ein Rundgang bestätigt die Aussage: In großen, hellen Zimmern wird die „Secondhand-Kleidung“ liebevoll präsentiert. Alte Möbel bringen die Spenden zur Geltung. In einem Raum können sich die Bedürftigen mit ihrer Einkaufskarte mit Kinderkleidung, Schuhen und Spielzeug eindecken. In weiteren Zimmern werden Kleidung für Erwachsene sowie Deko angeboten. „Mein Mann und ich sind ziemlich vernetzt. Dadurch haben wir tolle Spenden für das ,Querbeet’ erhalten“, erklärt Renate Frank, die mit Helmut Topfstedt sowie Sponsoren und Gönnern jetzt im Dezember die Einweihung der neuen Standorte gefeiert hat.
Zum offiziellen Akt gab es auch ein Grußwort von Schorndorfs OB Hornikel. „In Schorndorf engagiert sich ein tolles Team für Menschen der Stadt. Wer Wohngeld, Sozialhilfe, Hartz IV oder Grundsicherung kriegt, darf bei den Tafeln einkaufen“, sagte der OB und fügte dazu, dass es bundesweit über 960 Tafeln gibt, in denen sich Ehrenamtliche gegen Lebensmittelverschwendung und Armut engagieren. „Die Tafel hilft Bedürftigen ihre Würde zu wahren. Es sind keine Almosen, sondern man kauft ein und zahlt für die Waren.“
Genau das, nämlich die Würde ihrer Kundschaft zu wahren, ist auch Renate Frank und Helmut Topfstedt ein Anliegen. „Wir wollen den Kunden was bieten, sie sollen sich bei uns wohlfühlen“, sagt Helmut Topfstedt. Wenn er und seine Kollegin ihren Dienst antreten, hat sich meist schon eine lange Warteschlange vor dem Tafelladen gebildet. Es werden Nummern ausgegeben, und dann dürfen die Bedürftigen nach und nach herein, nie mehr als vier bis fünf Kunden auf einmal. „Wir haben rund 50 Prozent Zuwachs, primär durch Flüchtlinge. Wir denken, es wird nochmals mehr werden, wenn sich die Probleme der erhöhten Lebensmittelpreise etwa bei Rentnern zeigen“, sagt Helmut Topfstedt. Dann muss er weiter in den Verkaufsraum, einem Kollgen helfen.
Kurz vor dem Weihnachtsurlaub geht es geschäftig zu in der Tafel
Es geht geschäftig zu an diesem Nachmittag kurz vor dem Weihnachtsurlaub. Das Sortiment ist ordentlich aufgestellt. „Wir bekommen Brot, Obst und Gemüse von Supermärkten und Bäckern. Die übrigen Sachen wie Kaffee, Nudeln, Hygieneprodukte oder Süßwaren sind entweder Privatspenden oder werden uns von einer anderen Tafel zugeteilt“, sagt Renate Frank. Doch obwohl alles gut läuft und es genügend Spenden gibt, betrachtet die 78-Jährige die um sich greifende Foodsharing-Kampagne, bei dem sich Bedürftige in zentral aufgestellten Kühlschränken unentgeltlich bedienen dürfen, mit Sorge. „Eigentlich gibt es ein Abkommen mit der Bundestafel, dass es da keine Konkurrenz geben darf, aber man muss das Ganze trotzdem im Auge behalten.“
Das Leitungsteam hilft einem Geflüchteten auch mal beim Deutsch lernen
Auch die Situation vor dem Laden lassen Renate Frank und Helmut Topfstedt nicht aus dem Blick. „Da stehen viele Nationalitäten und Religionen nebeneinander, da müssen wir schauen, dass es keinen Streit gibt“, sagt Renate Frank. Also sorgt das Team auch für den sozialen Frieden. Und bei Bedarf begleiten sie einen Flüchtling auch mal zum Amt oder helfen ihm beim Deutschlernen. „Da muss man Menschen schon mögen. Uns macht das hier richtig Spaß, sonst könnten wir nicht so viele Stunden Einsatz bringen.“
Wie geht es den Tafelläden im Kreis?
Fellbach
Der Tafelladen in Fellbach gehört zur Schwäbischen Tafel Stuttgart und ist ein kleiner Betrieb mit Festangestellten. Dort werden pro Tag rund 400 bis 500 Kunden versorgt – deutlich mehr als früher. Im Sommer seien es doppelt so viele Kunden gewesen wie im Jahr zuvor, sagen die Verantwortlichen. Deshalb wurden die Öffnungszeiten verlängert.
Waiblingen
Auch der Tafelladen in Waiblingen beobachtet einen deutlichen Anstieg. Petra Off, die seit 18 Jahren dort aktiv ist, spricht von einem Drittel mehr. „Durch Corona ging die Kundenzahl zurück, aber durch den Krieg und die Energiekrise sind es wieder deutlich mehr“, sagt sie. Viele Kunden, die weg gewesen seien, kämen wieder.
Winnenden In der Tafel Winnenden spricht Ladenleiter Falk Zabel von einem Zuwachs von circa 50 Prozent. „Wir steuern auf 100 Kunden am Tag zu“, sagt er und ist froh, dass es im „reichen Süden“ noch genug Lebensmittel für Bedürftige und Spenden gebe.
Welzheim Durch den Krieg und Menschen, denen das Geld nicht mehr reicht, verzeichnet der Tafelladen Welzheim einen Zuwachs von 50 Prozent. „Wir haben 350 Ausweise im Umlauf. An einem Ausweis hängen zwischen einer und elf Personen“, sagt Sabine Eichhorn-Friedrich aus Welzheim.