Angebot in Stuttgart Das Plaudertelefon hilft gegen die Einsamkeit

Viele ältere und einsame Menschen treffen die derzeitigen Kontaktbeschränkungen hart. An sie richtet sich ein neues Angebot der Bürgerstiftung Stuttgart: das Plaudertelefon.
Untertürkheim - Die sozialen Kontakte reduzieren, Abstand halten, Alltagsmaske tragen – das sind die aktuellen Vorgaben, um sich und andere vor dem neuartigen Coronavirus zu schützen. Ein Ende der Pandemie ist derzeit nicht in Sicht – und für immer mehr Menschen ist diese Situation nicht nur eine Geduldsprobe, sondern auch eine große emotionale Herausforderung. Vor allem dann, wenn den ganzen Tag niemand zum Reden da ist.
Gerade Senioren und Alleinstehende treffen die strengen Beschränkungen hart: Es gibt kaum noch Gelegenheit zum Plausch beim Bäcker, gemeinsame Mittagstische wurden eingestellt, Gruppenangebote finden nicht statt, Besucher kommen nicht und ein Schwätzle auf der Parkbank vereitelt das nasskalte Winterwetter. So fehlen wertvolle Begegnungsmöglichkeiten mit der persönlichen Ansprache. Zwar könnten inzwischen viele der älteren Menschen die Welt des Internets und die digitale Kommunikation nutzen, aber eben längst nicht alle.
Es kostet nur Überwindung
Der wachsenden Gefahr der Vereinsamung will die Bürgerstiftung Stuttgart mit einem neuen Projekt entgegenwirken: Das Plaudertelefon vermittelt Senioren Telefonfreunde, mit denen sie über ihre Alltagsprobleme reden können. Das kostet nichts – außer Überwindung. Bedenken, dass man nicht ins Gespräch kommen könnte, weil man vielleicht nicht weiß, was man einem Fremden erzählen soll, müsse niemand haben: „Die Themen ergeben sich beim Plaudern und im gegenseitigen Kennenlernen“, sagt die Projektleiterin Katja Simon. Man könne sich beispielsweise über Erlebnisse von früher, das beste Hefezopf-Rezept oder die Fußballergebnisse austauschen. Das Angebot soll niederschwellig sein – für diejenigen, die Kontakt zu anderen suchen, und ebenso für jene, die anbieten, sich als Telefonfreund zu engagieren. Wichtig ist den Initiatoren zu betonen: Das „Plaudertelefon“ grenzt sich klar von der Telefonseelsorge ab. „Wir bieten keine psychologische Beratung an“, sagt Simon. Zudem gebe es keine festen Anrufzeiten.
Den Senioren, die die Nummer des Plaudertelefons wählen, werde ein Gesprächspartner erst vermittelt. „Sie erhalten dann einen Rückruf von einem unserer Ehrenamtlichen.“ Dem ersten Telefonat sollen möglichst viele weitere folgen. Strenge Vorgaben, wie häufig und wie lange die Gespräche geführt werden sollen, gibt es nicht. 30 Minuten pro Woche wären schön, „aber das ergibt sich von selbst“, ist Simon überzeugt. Gestartet ist das Plaudertelefon Anfang Dezember mit einem kleinen Pool von 25 Ehrenamtlichen – und der großen Hoffnung, weitere Unterstützer zu finden.
Was dann folgte, hat Katja Simon jedoch überrascht: Auf einen Zeitungsaufruf hin hätten sich so viele Freiwillige gemeldet, dass die Bürgerstiftung nun schon auf 75 Ehrenamtliche zurückgreifen kann, die bereit sind, regelmäßig zum Hörer zu greifen. Es hätten sich Menschen aller Altersklassen gemeldet, berichtet die Projektleiterin erfreut. Diese würden nun entsprechend geschult und nach und nach eingesetzt. „Wir schauen, dass es für beide Seiten passt“, erläutert Simon. Wird ein Mann oder eine Frau als Gesprächspartner gesucht, in welchem Alter, in welchem Stadtbezirk, mit welchen Interessen – das seien zum Beispiel Auswahlkriterien.
„Wir haben schon 20 Plauderpaare gematcht“, sagt Katja Simon stolz. Sie räumt zugleich ein: Derzeit würden keine weiteren Freiwilligen benötigt. Übrigens: Auch von „offizieller“ Seite ist die Idee der Bürgerstiftung positiv aufgenommen worden. Mit der Stadt Stuttgart, der Telefonseelsorge Stuttgart, der Evangelischen Gesellschaft (eva) und dem Treffpunkt 50plus wurden rasch Kooperationspartner gefunden.
Die Zentrale des Plaudertelefons befindet sich im Treffpunkt Rotebühlplatz. Das Angebot soll daher auch fortbestehen, wenn die Corona-Pandemie einmal ausgestanden ist. Schließlich ist es nicht nur in Krisenzeiten gut zu wissen, dass es jemanden gibt, der zuhört und der Interesse am Gesprächspartner hat.
30 Minuten pro Woche wären schön
Für beide Seiten soll es passen
Fortbestand über Corona hinaus
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