Vier Auszubildende aus dem Rems-Murr-Kreis durften im Sommer fünf Tage in Peking verbringen und nahmen währenddessen an einem besonderen Wettbewerb teil. Der Besuch gehört zu einem Projekt zwischen China und Baden-Württemberg.

Schorndorf - Wer hat schon die Möglichkeit, für ein paar Tage Peking zu erleben, in den Alltag vor Ort einzutauchen und zudem sein Können in seinem Beruf unter Beweis zu stellen? Und das sogar ganz ohne eigene Kosten? Die Antwort: vier KfZ-Mechatroniker-Azubis von der Schorndorfer Grafenbergschule und ihr Mathematik- und Fahrzeugtechnik-Lehrer Matthias Mucha.

 

Von ihren Erlebnissen haben sie jüngst bei einem Pressegespräch berichtet. Auch mehr als zwei Monate später zeigten sich die Auszubildenden noch ganz beeindruckt von ihrem Trip am Ende des vergangenen Schuljahres. „Es war ein Kulturschock“, sagt Julian Serafini. Der 19-Jährige ist wie die anderen mitgereisten Azubis in seinem vierten Lehrjahr und steht kurz vor seinen Prüfungen. 20 Millionen Einwohner in einer Stadt – das sei schon heftig, meint der angehende KfZ-Mechatroniker, der bei Daiber Kraftfahrzeugtechnik in Weinstadt seine Ausbildung macht. Auch für Oliver Drotleft, in Ausbildung bei Hahn Automobile in Fellbach, war China ganz anders als Baden-Württemberg: „Es gibt große Unterschiede“, sagt der 19-Jährige – und das nicht nur beim Essen.

Eine Schule mit Eishalle

Besonders beeindruckt hat die jungen Männer unter anderem die Schule, die sie in Peking besucht haben: die Beijing Changping Vocational School, ein riesiges Ausbildungszentrum mit mehr als 3700 Schülern und zahlreichen Ausbildungsgängen. „Es gab Kameras in jedem Klassenzimmer“, berichtet der 21-jährige Jan Stöcker, der bei Burger Schloz Automobile in Uhingen seine Ausbildung macht. Auch ein Raum mit Drohnen, in dem die Schüler lernen, diese Fluggeräte zu steuern, war vorhanden – ebenso wie eine Eishalle. „Unsere Schule ist schon gut ausgestattet, aber die in Peking noch viel besser“, sagt Jan Stöcker.

Getroffen haben die vier Schorndorfer Schüler ihre chinesischen Azubi-Kollegen und andere deutsche Azubis dann schließlich beim ersten SAIC Volkswagen Cup, einem Wartungswettbewerb, bei dem sie in Zweierteams angetreten sind. Dabei galt es etwa, Bremsbeläge zu warten und Fehler in der Elektrik eines Fahrzeugs zu finden. Gewonnen haben die Grafenbergschüler zwar nicht, einen Pokal haben sie dennoch mitgebracht. Und viel Erfahrung gesammelt: „Für uns war der Wettbewerb eher wie eine ganztägige Abschlussprüfung zu zweit“, erzählt Oliver Drotleft. Teilgenommen haben insgesamt 44 Azubis aus beiden Ländern.

Duales Modell für China

Die Reise der deutschen Azubis nach China war der Abschluss eines Langzeitprojektes des Kultusministeriums Baden-Württemberg und des Arbeits- sowie des Bildungsministeriums in Peking. Das Ziel war die Einführung des deutschen dualen Ausbildungsmodells an mehreren chinesischen Berufsschulen. „Wir waren bereits 2014 in China“, sagt Jochen Mann, Fachberater für Fahrzeugtechnik und überdies für Lehrerfort- und Weiterbildung am Regierungspräsidium Stuttgart zuständig. Über mehrere Jahre hinweg gab es einen Austausch an Lehrkräften. Dabei schulten deutsche Berufsschullehrer ihre Kollegen in Peking und dienten so als Multiplikatoren, um das handlungsorientierte deutsche Bildungssystem in der chinesischen Hauptstadt einzuführen. „Der Wettbewerb sollte als Abschluss des Projekts dienen, damit man feststellen kann, ob die Zusammenarbeit gefruchtet hat“, erklärt Jochen Mann.

„Dieser Austausch war eine gute Erfahrung“, zieht der 22-jährige Philipp Gunesch, der beim Autohaus Mucz in Schorndorf-Weiler seine Ausbildung macht, ein Fazit – und seine Mitschüler pflichten ihm bei. Lehrer Matthias Mucha ist ebenfalls zufrieden: „Es wäre schön, wenn dieses Projekt weitergeht.“