Bis zu 22 000 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr in einem Singlehaushalt? Ein Mann hat Cannabis angebaut – und muss sich vor dem Landgericht verantworten. Ein Kriminalbeamter schildert das professionelle Vorgehen des Angeklagten.

Ein Beamter der Kriminalpolizei hat sich im Zeugenstand beeindruckt von der Größe und Professionalität einer Cannabis-Plantage in einer Waiblinger Wohnung in der Fronackerstraße gezeigt. Er sprach von einer „professionell gemachten Aufzuchtanlage“ und einer „gewissen Leidenschaft“. Seine Worte galten einem jungen Mann, der sich derzeit am Landgericht Stuttgart wegen Drogenhandels und Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten muss.

 

Drei Tage benötigten Polizeibeamte im Oktober des vergangenen Jahres, um die rund 300 Gegenstände zu erfassen, die in der voll gestellten Wohnung des Angeklagten sichergestellt wurden. Unter anderem 68 Cannabis-Pflanzen, die Hälfte davon mit Blütenstand. Zudem fanden die Ermittler ein Säckchen mit rund zwei Kilogramm Marihuana und 90 Gramm Amphetamine, acht Päckchen zu je 25 Gramm Marihuana sowie Verpackungsmaterial und Feinwaagen. Darüber hinaus stießen die Beamten auf diverse Waffen, unter anderem ein Würgeholz (Nunchaku), japanische Langschwerter (Katanas) sowie Kampf- und Wurfmesser, die teils griffbereit herumlagen. „Solche Waffen kauft man üblicherweise im Internet oder im Darknet“, sagte der Beamte.

Abluftrohre in den Wänden

Die Pflanzen seien in mehreren Räumen der rund 75 Quadratmeter großen Wohnung verteilt gewesen. Sie sei offenbar extra umgebaut worden. So habe es keinen Zugang zum Balkon gegeben, durch manche Wände seien Abluftrohre geführt worden. Es seien nicht nur die üblichen Growboxen für die Aufzucht der Pflanzen verwendet worden, sondern professionelle Wärmelampen, die zum Teil durch Computer gesteuert worden seien. „Jede Pflanze hatte ihren eigenen Stecker, in der Wohnung sind zahlreiche Kabel, unter anderem für Starkstrom, verlegt worden“, führte der Beamte weiter aus. Es habe auch eine Verbindung zu Solarpaneelen auf dem Balkon gegeben.

Eine weitere Kriminalbeamtin erläuterte, auf die Spur des jungen Mannes sei man gekommen, weil eine Passantin gesehen habe, wie sich der Angeklagte auf dem Balkon verdächtig verhalten habe. Bei einem Hausbesuch sei Beamten Marihuanageruch in die Nase gestiegen. „Wir haben beim Stromversorger den Stromverbrauch der vergangenen Jahre angefordert und sind auf Werte zwischen 10 500 und 22 000 Kilowattstunden pro Jahr gestoßen – bei einem Ein-Personen-Haushalt gelten schon 2800 Kilowattstunden als hoch“, erklärte die Beamtin. In einem Notizbuch seien Polizeibeamte auf Berechnungen mit Kryptowährung gestoßen, im Computer des Angeklagten sei im Browserverlauf eine Darknet-Adresse aufgetaucht. „Wir haben allerdings bei der Handyauswertung keinen einzigen Hinweis auf Drogengeschäfte gefunden, nur auf kurze Treffen“, ergänzte die Polizistin. Die aufgefundenen Mengen lägen aber ein Vielfaches über dem Eigenbedarf.

Es gab genaue Gießpläne

Der Angeklagte habe genau Buch geführt über seine Aufzucht: Es habe detaillierte Gießpläne und Berechnungen gegeben, wie viele Zyklen pro Pflanze möglich seien. Es sei überaus wahrscheinlich, dass der Angeklagte selbst drogenabhängig sei. In einem Brief an seine Mutter habe er geschildert, dass er sich vorstellen könne, mit Kokain und Alkohol aufzuhören, kiffen werde er aber immer.

Der Prozess wird am 10. Mai fortgesetzt, dann soll auch das Urteil verkündet werden.