Angelique Kerber spielt famos Tennis, doch nur wenige schauen hin. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF verlieren schnell die Geduld und schalten schon wieder ab.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Beim WTA-Finale, der inoffiziellen Tennis-WM, gehörte Angelique Kerber in der vergangenen Woche die große Bühne. Gemeint ist nicht der Centre-Court in Singapur, wo die besten Spielerinnen des Jahres aufschlugen, sondern der Hauptprogrammplatz auf den deutschen Mattscheiben. Zweites Deutschen Fernsehen, live und in voller Länge. Und das an einem Sonntagnachmittag im Herbst – sozusagen die Prime Time des Fernsehsports.

 

Doch das Ergebnis war enttäuschend. Kerber verlor am Ende eines fantastischen Jahres überraschend gegen die Slowakin Dominika Cibulkova mit 3:6, 4:6 – und auch die TV-Macher konnten nicht zufrieden sein. Die Einschaltquote stoppte bei 1,63 Millionen Interessierten, was einem Marktanteil von 11,7 Prozent entspricht. Zum Vergleich: Während des Formel-1-Rennens am Sonntagabend saßen trotz „Tatort“-Konkurrenz 4,5 Millionen Fans vor dem Fernseher. Und weil die Quoten bei Kerbers vorangegangenen Auftritten in Singapur noch schlechter waren, erklären die Öffentlich-Rechtlichen ihr Tennis-Experminent schon wieder für beendet. In absehbarer Zeit soll es keine größeren Übertragungen bei den großen nationalen Sendeanstalten mehr geben.

Quoten „nicht wirklich zufriedenstellend“

Die Quoten seien „natürlich nicht wirklich zufriedenstellend“, kommentierte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky, der ankündigte, die Zahlen gemeinsam mit dem ZDF nun in Ruhe besprechen zu wollen. Balkausky ist ein Getriebener. Schon seit Längerem hängt die Filzball-Lobby, angeführt von Bundestrainerin Barbara Rittner, den Programmmachern mit der Forderung nach mehr TV-Präsenz in den Ohren. Balkausky und sein Pendant vom ZDF, Dieter Gruschwitz, hielten dem Verlangen mit dem Verweis auf veränderte Sehgewohnheiten und die Rechtesituation stets Stand. Um dann jetzt beim Saisonfinale eine Kehrtwende zu vollziehen – und sich in ihren Zweifeln nun umso bestärkter zu sehen.

Was die Bundestrainerin nicht einsehen will. Die zwischenzeitliche Verbannung von Kerbers Gruppenspiel ins ARD-Nischenprogramm „One“ kommentierte Rittner spöttisch: „Was ist überhaupt One?“, um sich von Balkausky eine ironische Retourkutsche einzufangen: „Frau Rittner scheint ja besonders bewandert in Sportrechten und Programmplanung zu sein, sonst würde sie sich nicht immer wieder äußern, ohne mit uns zu sprechen.“ Die Zwei werden vermutlich keine besten Freunde mehr. Doch nun ist es ja nicht so, dass Kerber und Co nicht im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen wären.

Bei Kerbers Gala wieder auf Sendung

Eurosport und Sat 1 übertragen die großen Turniere weiterhin, einzig Wimbledon bleibt bei Sky einem kleinen Kreis von Bezahlkunden vorbehalten. Wer Tennis sehen will, kann das also weiterhin tun. Und Rittners Impetus, durch mehr Sendeminuten bei ARD und ZDF der Sportart mehr Auftrieb zu verleihen, lässt sich erwidern, dass sich auch nicht mehr Leute Skier oder Kufen unterschnallen, nur weil das Fernsehen von morgens bis abends Wintersport überträgt.

Die Popularität einer Sportart hängt längst nicht mehr am Fernsehen allein, wie das vielleicht noch zu Zeiten von Boris Becker und Steffi Graf der Fall war.

Wer von den jungen Leuten schaut heute noch ARD und ZDF? Kerbers WM-Spiel gegen Madison Keys schalteten nur 2,3 Prozent der jüngeren Zielgruppe ein – das sind nur 34 Prozent des normalen Schnitts.

So reizlos Kerbers Auftritte aus sportlicher Sicht offenbar fürs TV-Publikum gewesen sein mögen – als erfolgreiche Siegerin wird sie für das Fernsehen wieder interessant. Am 17. November erhält sie in der ARD den Bambi in der Kategorie Sport, ehe sie am Jahresende im ZDF wohl die Auszeichnung zur Sportlerin des Jahres entgegen nehmen wird. Über die Quote müssen sich die Programmmacher dann sicher keine Sorgen machen.