Fließt die Geldleistung der Angler in falsche Kanäle? Die Landtags-FDP verlangt vom Agrarministerium mehr Transparenz. Bei den Fischern ist Feuer unterm Dach.

Stuttgart - Der Württembergische Anglerverein droht dem Land mit Klage, weil er Missbrauch bei der Verwendung der Fischereiabgabe wähnt. Dieser Obolus von jährlich acht Euro, den das Land jedem Inhaber eines Fischereischeins abverlangt, summiert sich auf rund anderthalb Millionen Euro und darf lediglich „zur Förderung des Fischereiwesens und der fischereilichen Forschungstätigkeit“ verwendet werden, wie es in den Vorschriften heißt. Doch eben daran äußern die Angler Zweifel. „Die Abgabe wird auch für Zwecke verwendet, die eigentlich Staatsaufgabe sind“, sagt Hans-Hermann Schock, der 1. Vorsitzende. Der Verein bereite deshalb eine Klage gegen das Land vor.

 

Die Liste der Nutznießer ist lang: Sie reicht vom kleinen Anglerverein über die staatliche Fischereiforschungsstelle bis hin zu Fischereibehörden. 44 verschiedene Projekte zählt das Stuttgarter Agrarministerium für 2018 auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Klaus Hoher auf, der sich kürzlich nach der Erhebung und der Verwendung der Fischereiabgabe erkundigt hat. Ein Großteil der Mittel kommt dem Landesfischereiverband (LFVBW) zu Gute. Diese Interessenvertretung von rund 800 Angler- und Fischervereinen, die 2013 aus mehreren badischen und württembergischen Teilverbänden hervorging, finanziert damit vielerlei Projekte – von der Lachsaufzucht bis zu Fortbildungen. „Die Fischereiabgabe ist ein wichtiges Instrument, das allen Anglern zu Gute kommt“, sagt LFVBW-Geschäftsführer Reinhart Sosat.

Das Thema hat die Politik erreicht

Doch der am Stuttgarter Max-Eyth-See beheimatete Württembergische Anglerverein, der vor drei Jahren im Streit aus dem Dachverband ausgetreten ist, sieht das anders. Das „Fischmobil“ zum Beispiel, eine Art fahrendes Klassenzimmer, mit dem der LFVBW Kindern die heimische Unterwasserwelt nahe bringt, sei eigentlich eine prima Sache, sagt Vereinschef Schock: „Aber warum soll dafür der einfache Angler bezahlen?“ Auch eine Lachszucht in Wolfach lasse sich der LFVBW aus Mitteln der Fischereiabgabe bezuschussen. „Das ist zweckwidrig“, glaubt Schock, der einem der großen und einflussreichen Anglervereine im Land vorsteht.

Inzwischen hat das Thema die Politik erreicht, denn auch die Landtags-FDP äußert Zweifel – auch wenn Agrarminister Peter Hauk versichert, an der Mittelverwendung sei nichts zu beanstanden. Den Empfängerkreis hält der Agrar-Fachmann der Liberalen, Klaus Hoher, zwar für in Ordnung. „Doch bei den Projekten finden sich immer wieder reine Arten- oder Gewässerschutzprojekte ohne erkennbaren Bezug zur Fischerei“, so der Abgeordnete. So seien für das „Fischmobil“ über zwei Jahre hinweg fast 200.000 Euro ausgegeben worden. Doch dieser Unterricht habe keinen unmittelbaren Bezug zur Fischerei. „Wenn das Land Anglergeld eintreibt, muss es dies auch für Anglerzwecke ausgeben“, meint Hoher und verlangt mehr Tranzparenz bei der Vergabe der Mittel aus der Fischereiabgabe: „Ansonsten sollte man sie abschaffen.“

Klagen in anderen Ländern

Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen des Württembergischen Anglervereins. Ermuntert zu seinem Vorstoß sieht sich der Vorsitzende auch durch Klagen, die Angler in anderen Bundesländern gegen die Verwendung der dortigen Fischereiabgabe anstrengen. In Schleswig-Holstein zum Beispiel verweist ein Kläger auf die engen Grenzen, die das Bundesverfassungsgericht solchen Sonderabgaben setzt. Ist die Gruppe der Angler überhaupt abgabepflichtig? Das will man in Kiel geklärt wissen. Dass das Land Nordrhein-Westfalen kürzlich die Jagdabgabe abgeschafft hat, weil das Oberverwaltungsgericht Münster verfassungsrechtliche Bedenken dagegen geäußert hatte, gibt Schock noch zusätzlich Auftrieb.

Dass sich der Württembergische Anglerverein damit auch selbst das Wasser abgräbt, ist der pikante Nebenaspekt der Geschichte. Denn auch die Stuttgarter kommen immer wieder in den Genuss der Mittel, so etwa für eine Videoüberwachung von ziehenden Fischen beim Zugwiesenbach im Kreis Ludwigsburg. Ist das rechtskonform? Das wiederum zieht LFVBW-Geschäftsführer Sosat in Zweifel. „Der Württembergische Anglerverein sägt an dem Ast, auf dem wir alle sitzen“, fürchtet Sosat.

Tiefe persönliche Zerwürfnisse

Beobachter sehen den tieferen Grund für den Streit denn auch in gravierenden persönlichen Zerwürfnissen von Funktionären in verschiedenen Anglerorganisationen. Dem LFVBW zum Beispiel fehlen derzeit sowohl der Vorsitzende – der CDU-Landtagsabgeordnete Arnulf Freiherr von Eyb warf im Januar entnervt das Handtuch – als auch zwei stellvertretende Vorsitzende. Die Querelen haben auch Konsequenzen für die Politik: Inzwischen sei eine ganze Reihe mitgliederstarker Verbände aus dem Dachverband ausgetreten, stellt FDP-Mann Hoher fest: „Deshalb kann die Politik den LFVBW auch nicht weiter als alleinigen Dachverband behandeln.“ Bisherige Monopole wie bei Kursen für Prüfungen für den Fischereischein seien nicht mehr zu rechtfertigen. Die Angler im Land nehmen sich zurzeit also selbst an den Kanthaken.