Seit vergangener Woche greifen ukrainische Truppen das seit September 2022 von Russen belagerte und größtenteils eroberte Bachmut im Osten des Landes an. Sie setzen auch die aus Deutschland gelieferte Panzerhaubitze 2000 ein.

 

Noch hat die erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine im Osten des Landes nicht begonnen. Stattdessen greifen seit einer Woche ukrainische Heeresverbände die russischen Belagerer an, die seit September 2022 versuchen, die Stadt Bachmut zu erobern. Zuletzt kontrollierten vor allem für Russland kämpfende Söldner der Wagner-Gruppe etwas mehr als 90 Prozent der einst 74 000 Einwohner zählenden, 42 Quadratkilometer großen Stadt. Die ist wegen ihrer Salzminen und der größten, unterirdischen, 100 Meter langen und 40 Meter breiten Halle berühmt. Hier wurden Konzerte veranstaltet, ein Fußballspiel ausgetragen und Gäste in einem Hotel beherbergt.

Wo greifen ukrainische Soldaten bei Bachmut an?

Ukrainische Truppen greifen seit vergangenem Freitag, 12. Mai, Bachmut an drei Stellen an: Im Norden beim Vorort Bohdanivka greifen sie vor allem Wagner-Sölder in einer Zangenbewegung an, um einen Stausee und ein Grundwasserreservoir unter Kontrolle zu bringen. In Bachmut selbst halten ukrainische Soldaten den Westrand der Stadt, erobern einzelne Gebäude zurück. Im Süden greifen sie südlich des Vorortes Iwanivske russische Fallschirmjäger des 137. Luftlanderegiments an. Fällt Bachmut wirklich in russische Hand, eröffnen sich so für die Ukraine Möglichkeiten, russische Verbände einzukesseln. Eine Situation wie bei der russischen Gegenoffensive bei Stalingrad im November 1942. Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maliar sagte am Mittwoch, dass bis etwa 20 Quadratkilometer Fläche in und vor allem um Bachmut zurückerobert worden seien.

Wie glaubwürdig sind die ukrainischen Erfolgsmeldungen?

Von Soldaten beider Seiten und ukrainischen Verbänden veröffentlichte Videos und Fotos in sozialen Medien zeigen eine Vielzahl zerstörter russischer Gefechtsfahrzeuge, gefangen genommene Kämpfer sowie vorrückende ukrainische Einheiten bei Bohdanivka und südlich von Iwanivske sowie Häuserkämpfe in Bachmut. Die Aufnahmen lassen sich mit Hilfe der sogenannten Geolokation Geländeabschnitten, Häuserzeilen und Straßen in den genannten Regionen zuordnen. Sonnenstand, Schatten und Vegetation auf den Aufnahmen stimmen mit den aktuellen Wetterdaten für Bachmut überein. Beweise aber, dass die von Ministerin Maliar genannte Fläche tatsächlich zurückerobert wurde, gibt es nicht. Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin sagt hingegen, er kontrolliere Bachmut, die Ukraine ziehe sich zurück.

Sind deutsche Waffen im Kampf um Bachmut im Einsatz?

Nachzuweisen ist, dass die aus Beständen der Bundeswehr gelieferte Panzerhaubitze 2000 von den Ukrainern bei ihrem Angriff auf Bachmut eingesetzt wird. Dabei dürfte es sich um etwa acht, zu einer Batterie zusammengefasste Haubitzen handeln. Ansonsten sind keine aus Deutschland gelieferten Kampfsysteme in der Region nachzuweisen.

Töten Wagner-Söldner einen US-Bürger, der für die Ukraine kämpfte?

Prigoschin behauptete auch, seine Kämpfer hätten einen US-Freiwilligen der sogenannten Ukrainischen Fremdenlegion getötet. Der verurteilte Verbrecher präsentierte die Leiche eines jungen Mannes mit nacktem Oberkörper und einer Bauchwunde in einem Video. Unklar ist, wann und wo das Video zur nächtlichen Stunde aufgenommen wurde. Die ukrainische Fremdenlegion, in der Freiwillige aus der ganzen Welt dienen, ist aktuell südwestlich des Bahnhofs Bachmut eingesetzt. Dort toben seit vier Tagen Häuserkämpfe.

Wie stark ist Bachmut zerstört?

Bachmut ist weitestgehend zerstört. Mitarbeiter der Hilfsorganisation Save Ukraine berichten, dass etwa 20 Prozent unbeschädigt sind. Die Helfer bringen täglich in der Stadt und den Vororten verbliebene Menschen in Sicherheit. „Bachmut ist nur noch eine Trümmerwüste“, sagt ein Augenzeuge. „Die Menschen haben in Kellern Schutz gesucht, die zu Bunkern ausgebaut wurden.“