Nach einem Messerangriff in der Fanzone auf dem Schlossplatz schwebte ein Opfer kurze Zeit in Lebensgefahr. Der Tatverdächtige kommt in Untersuchungshaft.
Wie schwer der Messerangriff auf drei Männer am Mittwochabend in der Fanzone war, wird am Donnerstag deutlich. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft teilten mit, dass einer der Verletzten außer Lebensgefahr sei. In der Nacht hatte es kritisch für den 38-Jährigen ausgesehen, so ein Polizeisprecher. Ein 19 Jahre alter Mann wurde leicht, ein 60-jähriger schwer verletzt.
Der Tatverdächtige kam am Donnerstag in Untersuchungshaft, wegen des Vorwurfs eines versuchten Tötungsdelikts. Er ist 25 Jahre alt und stammt aus Syrien. Zwei seiner Opfer haben die türkische Staatsangehörigkeit, der 19-Jährige ist Deutscher. Ob die Herkunft der Männer irgendetwas mit der Tat zu tun hat, das ermittelt die Polizei noch – oder ob es um einen im Rahmen des Public Viewing auf dem Schlossplatz entstandenen Streit ging. Die Polizei hat die Ermittlungsgruppe „Knife“ (Messer) gegründet.
Ein 25-Jähriger verletzt drei Kontrahenten
Die Attacke geschah gegen 22.45 Uhr auf dem Schlossplatz, etwas seitlich der hinteren Leinwand nahe der Königstraße in der Fanschar. Bei der Begegnung der türkischen und der tschechischen Nationalmannschaft überwog eindeutig die Anhängerschar der Türkei. Es sei zu einer „Auseinandersetzung“ gekommen. Dabei habe der Mann zum Messer gegriffen.
Die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart entschied am Donnerstag, die Fanzone am Abend wieder zu öffnen. Zum einen trug dazu sicher bei, dass niemand mehr in Lebensgefahr schwebte. Zum anderen kann man diese Entscheidung so deuten, dass im Austausch mit den Sicherheitsbehörden herauskam, dass man die Tat unabhängig vom EM-Geschehen betrachten muss. Sprich: Die Fanzone war der Tatort, aber nicht der Anlass für die Messerattacke, nicht das Fanfest. Der Angriff galt demnach nicht der feiernden Menge, sondern den Kontrahenten. „Wir verurteilen diesen Gewaltakt und den Angriff auf Menschen, der einen Schatten auf unser bislang so friedliches und stimmungsvolles Fußballfest wirft“, sagt Andreas Kroll, Geschäftsführer der in.Stuttgart Veranstaltungsgesellschaft.
Am Mittwochabend hat die Securityfirma 250 Mitarbeitende im Einsatz
Das größte Rätsel ist am Tag nach der Tat jedoch: Wie kam das Messer auf den Platz? Sicherheitskräfte sind vom ersten Tag an an allen Eingängen damit beauftragt, die Besucherinnen und Besucher zu durchsuchen, gerade auf gefährliche Gegenstände. Zu Turnierbeginn standen in der Nähe der Fanzonen in der Innenstadt, den Treffpunkten zur EM, schon Infosäulen bereit, auf denen die Regeln genau erklärt werden. Bislang hatten alle viel Lob für die Sicherheitsleute und deren Arbeit. Wenn Kritik kam, dann höchstens die, sie seien zu gründlich. Ein Gast berichtet, er habe sogar in seinen Geldbeutel schauen lassen müssen. Andere berichten vom gründlichen Abtasten der Bereiche unterhalb der Gürtellinie. Erst wenige Tage zuvor hatte Jörg Klopfer, der Sprecher der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, die Kontrollen als sehr wirkungsvoll eingeordnet – denn es waren schon 14 Messer gefunden worden. Andererseits berichten erfahrene Sicherheitsleute auch außerhalb des Protokolls, dass es immer auch Möglichkeiten gebe, sie auszutricksen – durch Verbergen verbotener Gegenstände an Stellen, die niemand abtastet. Nur so ist auch zu erklären, dass trotz aller Gründlichkeit immer wieder verbotenerweise Pyrotechnik auf den Platz kommt – oder in Bad Cannstatt ins Stadion. Man werde am Sicherheitskonzept festhalten, teilte die in.Stuttgart am Donnerstag mit. 250 Sicherheitsleute waren am Mittwoch im Einsatz. Sie würden in ihrer Gründlichkeit nicht nachlassen. Von zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen war nicht die Rede.
Die Polizei hatte bereits zwei Stunden nach der Tat bei einem ersten Statement gesagt, der Platz sei sehr ruhig geräumt worden, ohne Panik und Tumult. Dem widersprach eine Leserin unserer Zeitung. Ihre Tochter sei umgestoßen worden und habe sich die Nase gebrochen. Dieser Fall sei der Polizei über die Rettungskräfte zugetragen worden. Auch hatte die Polizei schon in der Nacht kommuniziert, dass direkt nach dem Angriff eine Gruppe aus der unmittelbaren Umgebung weggerannt sei. Weitere Verletzte hätten sich aber noch nicht gemeldet.
Die Polizei nimmt bei allen Dienststellen und unter https://bw.hinweisportal.de Hinweise zu dem Angriff entgegen.