Mit den Strafzöllen zeigt Trump endgültig sein wahres Gesicht in der Handelspolitik, meint unser Brüssel-Korrespondent Markus Grabitz.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Was will man erwarten von einem Mann, der die Mentalität eines Immobilienhais aus Manhattan mit ins Weiße Haus genommen hat? Donald Trump teilt einfach nicht die Auffassung der meisten Europäer, dass der freie Handel am Ende allen nützt. Es ist ihm herzlich egal, wie es anderen Nationen geht. Er hat nur seine eigene Wirtschaft im Blick und erhofft sich kurzfristig Erfolge.

 

Man hätte gewarnt sein müssen, als er in einer seiner ersten Amtshandlungen das Transpazifische Handelsabkommen (TPP) für die USA vor die Wand fuhr. Es waren keine leeren Drohungen, als er in Davos gegen angeblich unfaire Handelspraktiken polterte. Spätestens jetzt, da US-Präsident Donald Trump der ganzen Welt den Handelskrieg erklärt, ist es an der Zeit zu begreifen: Solange er im Amt ist, wird er nicht davor zurückschrecken, weiter Handelsschranken aufzubauen, Strafzölle zu verhängen und den US-Markt gegen Konkurrenz aus aller Welt abzuschotten. Trump betreibt rücksichtslosen Nationalismus in Reinkultur. Langjährige Handelsbeziehungen zu Nachbarn, die transatlantische Freundschaft, all das zählt für ihn nicht. Um des wirtschaftlichen Vorteils willen ist er bereit, alles aufs Spiel zu setzen.

Noch ist die Dimension des Konflikts überschaubar

Wenn er ein wenig Verstand hätte, sich die Wirtschaftsgeschichte anschauen würde, wüsste er: Letztlich schadet er der eigenen Industrie mit den protektionistischen Maßnahmen. Die US-Unternehmen werden langfristig an Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn er ihnen die Konkurrenz aus dem Ausland vom Leibe hält. Europa muss sich jetzt wehren. Brüssel wird in den nächsten Tagen seinerseits Strafzölle gegen US-Importe verhängen. Apple-Computer, Smartphones und Harley-Davidson-Motorräder könnten betroffen sein. Man sollte sich aber keine Illusion machen, dass Trump sich davon beeindrucken lässt.

Noch ist die Dimension des Konflikts überschaubar: EU-Staaten haben 2017 Waren im Wert von 375 Milliarden Euro in die USA exportiert. Jetzt könnten Stahlexporte im Wert von fünf Milliarden Euro mit Strafzöllen belegt werden. So bitter es für die Stahlbranche ist und sosehr dies wohl etliche Jobs in Europa gefährdet: Der wirtschaftliche Schaden ist zu verschmerzen. Brüssel sollte mit Gegenmaßnahmen nicht übertreiben. Der Handelskonflikt mit den USA darf nicht ausarten. Sollten die USA erst einmal anfangen, Autos oder Maschinenbauprodukte mit Strafzöllen zu belegen, würde dies für die exportabhängige deutsche Industrie schnell an die Substanz gehen. Die USA sind der wichtigste Exportmarkt der Deutschen.

Weltweit könnte das Klima für den Handel frostiger werden

Die EU sollte aufs Tempo drücken und die schon recht weit gediehenen Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Mercosur und Handelspartnern in Asien vorantreiben. Die zweite große Gefahr besteht nämlich nun darin, dass weltweit das Klima für den Handel frostiger wird. Trump zielt genau darauf ab. Er möchte Kettenreaktionen provozieren, andere Länder dazu bringen, ihrerseits Schutzzölle zu ergreifen. Dieses Szenario sollte unbedingt vermieden werden.