Die Staatsanwaltschaft München erhebt Anklage gegen aktuelle und ehemalige Manager der Deutschen Bank wegen versuchten Prozessbetrugs.

München - Der zivilrechtlich ausgestandene Fall Kirch hat für fünf Topmanager der Deutschen Bank inklusive Co-Chef Jürgen Fitschen ein strafrechtliches Nachspiel. Wegen versuchten Prozessbetrugs hat die Staatsanwaltschaft München beim örtlichen Landgericht Klage gegen sie erhoben. Das hat die Nachrichtenagentur Reuters von zwei Verfahrensbeteiligten erfahren. Betroffen sind neben Fitschen, seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer, Ex-Oberaufseher Clemens Börsig und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck. Damit hat das Banker-Quintett den Status von Angeschuldigten.

 

Lässt das Gericht die Klage zum Prozess zu, werden sie zu Angeklagten. Bis diese Entscheidung fällt, dürften noch Monate vergehen, schätzen Juristen. Die Staatsanwaltschaft bestätigt bislang nur offiziell, dass die seit 2011 laufenden Ermittlungsverfahren gegen das Quintett beendet sind, nicht aber ob oder gegen wen Anklage erhoben wurde. Das könne man erst sagen, wenn Betroffene die Klageschrift in Händen halten, betonte ein Justizsprecher. Ähnlich äußerte sich eine Kollegin beim Landgericht München. Als sicher galt in Juristenkreisen schon länger eine Anklage gegen die Ex-Banker. Nur bei Fitschen stand sie auf der Kippe. Er hätte sich gegen ein Bußgeld von angeblich einer halben Million Euro freikaufen können, damit aber eine Verletzung interner Aufsichtspflichten eingestanden und möglicherweise sein Amt niederlegen müssen. Der Topbanker hält sich aber wie seine vier Kollegen für unschuldig und baut im Falle eines Prozesses auf einen Freispruch. Für Fitschen stehen die Chancen auf ein glimpfliches Ende am relativ besten, sagen Juristen.

Richter Noll hat den Prozess Ecclestone eingestellt

Dazu muss man die Vorgeschichte kennen. Im Februar 2002 hatte Breuer per Interview öffentlich die Kreditwürdigkeit des inzwischen verstorbenen Medienkaufmanns Leo Kirch angezweifelt. Kurz darauf war sein Medienimperium pleite. Kirch war damals Kreditkunde der Deutschen Bank und sah sich von dem Institut in den Ruin getrieben. Zehn Jahre dauerte der folgende Rechtsstreit, bis er im Februar 2014 per Vergleich zu Ende ging. Die Deutsche Bank zahlte den Kirch-Erben 925 Millionen Euro. Zuvor war es vor einem Münchner Gericht zu den Zeugenaussagen der fünf Spitzenbanker gekommen, die ihnen nun zum Verhängnis werden könnten. Es ging um die Frage, ob die Deutsche Bank Kirch mit dem Interview Breuers absichtlich in eine ausweglose Lage gebracht hatte, um von ihm ein lukratives Beratungsmandat zur Zerschlagung seines Imperiums als letzter Alternative zur Pleite zu erzwingen. Fitschens vier Ex-Kollegen hatten das klar verneint und damit nach Ansicht der Staatsanwaltschaft gelogen, um zu versuchen, Kirchs Regressforderungen abzuwenden. Fitschen dagegen äußerte sich zur strittigen Frage gar nicht und machte Erinnerungslücken geltend. Deshalb kann ihm die Staatsanwaltschaft keine Falschaussage vorwerfen. Als höchster Repräsentant der Deutschen Bank hätte er aber vermeintliche Falschaussagen von ehemaligen Kollegen und eigener Anwälte verhindern müssen, meinen die Ermittler. Fitschen habe es nicht besser gewusst, heißt es dagegen in seinem Umfeld.

Ob ihm oder seinen vier Kollegen der Prozess gemacht wird, muss nun Richter Peter Noll entscheiden. Seiner Kammer ist dem Vernehmen nach die mehrere hundert Seiten dicke Klageschrift zugegangen. Noll ist der Richter, der soeben den Bestechungsprozess gegen Formel 1-Chef Bernie Ecclestone gegen Zahlung von 100 Millionen Dollar eingestellt hat. Zuvor hatte er unter anderem in München den Siemens-Bestechungsskandal verhandelt. Am wahrscheinlichsten ist, dass Noll die Klage gegen Breuer zulässt, schätzen Juristen. Auch Ackermann, Börsig und von Heydebreck hätten eher schlechte Karten.

Im Fall von Fitschen sind sich Experten uneins. Sollte auch er sich einem Strafprozess stellen müssen, käme das für die Deutsche Bank zur Unzeit. Immerhin ermittelt die Finanzaufsicht Bafin wegen der Libor-Affäre immer noch gegen den deutschen Marktführer. Hier steht der zweite Co-Chef Anshu Jain im Fokus. Im Falle Fitschens hat die Bafin allerdings bereits klargestellt, dass er auch bei einer Anklage im Amt bleiben kann. Für die Deutsche Bank wäre es nicht das erste Mal, mit einem vor Gericht stehenden Vorstandschef zu agieren, Ackermann war damals in den Mannesmann-Prozess involviert. Man sei überzeugt, dass sich der Verdacht gegen Jürgen Fitschen als unbegründet erweisen wird, erklärte das Frankfurter Bankhaus jetzt schon einmal vorsorglich.