Die Ermittlungen zur Kollision zweier Stadtbahnen in Wangen sind abgeschlossen. Unter anderem wegen fahrlässiger Körperverletzung in 17 Fällen muss sich eine 48-jährige Zugführerin vor dem Amtsgericht Stuttgart verantworten.
Fahrlässige Körperverletzung in 17 Fällen und die fahrlässige Gefährdung des Bahnverkehrs: So lauten die Vorwürfe gegen eine heute 48-jährige Stadtbahnfahrerin. Nach langen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft eine Anklage formuliert, die der Mitarbeiterin der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) die Schuld an einem dramatischen Unfall vor einem Jahr in Wangen zuweist.
Eine Frau muss reanimiert werden
Rückblick: Mit zertrümmerter Windschutzscheibe steht am 23. Februar 2024 vormittags eine Stadtbahn der Linie U 9 auf den Gleisen in der Inselstraße in Wangen. Die Front ist völlig deformiert, Einsatzkräfte der Feuerwehr haben das Armaturenbrett herausgeschnitten, um die schwer verletzte Fahrerin zu befreien. Kurz zuvor ist der gelbe Zug auf eine stehende Stadtbahn der U 4 aufgefahren. Aufgrund der Wucht des Zusammenstoßes werden Fahrgäste durch den Innenraum geschleudert und 17 Personen verletzt, eine 26 Jahre alte Frau so schwer, dass sie reanimiert werden muss. Es entsteht ein Sachschaden in Millionenhöhe.
Mittlerweile ist etwas mehr als ein Jahr vergangen. Noch immer ist die Ursache des Unfalls nicht juristisch aufgearbeitet. Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft sind inzwischen abgeschlossen. Gegen die 48-jährige Fahrerin wurde Anklage am Amtsgericht Stuttgart erhoben. Ihr wird zur Last gelegt, mit dem mehr als 50 Tonnen schweren Schienenfahrzeug „unter Verletzung der ihr obliegenden Sorgfaltspflicht auf eine stehende Stadtbahn aufgefahren zu sein“, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Es wird von einer Geschwindigkeit von etwa 25 Kilometern pro Stunde ausgegangen. Mehr Details wurden nicht preisgegeben.
Stadtbahnfahrerin soll Sorgfaltspflicht verletzt haben
Ein Nachspiel hatte der Stadtbahnunfall bereits für drei Schaulustige. Sie konnten in Verbindung mit einem Gaffer-Video gebracht werden, das an der Unfallstelle aufgenommen und wenig später in sozialen Netzwerken aufgetaucht war. Darauf war die Fahrerin der hinteren Bahn – also die Angeklagte – zu sehen, die im Führerhaus um Hilfe rief. Der Mann, der gefilmt hatte, wurde unter anderem wegen Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt.
Ebenso zwei Männer, die das Video jeweils auf die Social-Media-Plattform „TikTok“ hochgeladen hatten. In welcher Höhe die Tagessätze dabei jeweils festgesetzt wurden, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. Je nach Einkommen können sie zwischen einem und 30 000 Euro liegen. Der Mann, der die Aufnahme gemacht hat, war zum Zeitpunkt der Verurteilung 64 Jahre alt, die beiden anderen Männer 22 und 26 Jahre.