Nach der Pleite der Eventus-Genossenschaft wird noch ermittelt. Doch wegen anderer Betrugsvorwüfe steht der Gründer schon vor Gericht. Er soll Anlegern frei erfundene Aktien-Anleihen verkauft haben.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Unter großem Zuhörerinteresse hat vor dem Landgericht Stuttgart der erste Prozess gegen den Gründer der insolventen Wohnungsgenossenschaft Eventus begonnen. Der 34-jährige Marco T., der aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, ist wegen schweren Betruges angeklagt. Wie die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft ausführte, soll er in neun Fällen Geldanleger mit frei erfundenen Angeboten um insgesamt 615 000 Euro gebracht haben. Das Geld habe er überwiegend für private Zwecke verwendet.

 

Die Geschädigten lockte T. laut der Anklage mit hochverzinsten Anlagemöglichkeiten, hinter denen angeblich die Allianz-Versicherung stehe. Dadurch seien sie „absolut sicher“, es bestehe keinerlei Risiko, ein Kapitalverlust sei ausgeschlossen. Mal ging es um „Aktienanleihen“ mit einer Verzinsung von 8,2 Prozent pro Quartal, mal um ein sogenanntes Euro-Cash-Konto mit sechs Prozent Zinsen im Jahr. Als zuständige Banken soll T. die Südwestbank und die BNP Paribas genannt haben; mit deren Logos versah er die selbst gefertigten Informationsblätter. Die ungewöhnlich hohen Zinssätze erklärte er bei misstrauischen Nachfragen mit kurzfristigem Kapitalbedarf der Emittenten.

Das gesamte Vermögen verloren

Die Anleger ließen sich teilweise schon seit Jahren von Marco T. beraten, teilweise kannten sie ihn aus ihrem Engagement bei der Eventus-Genossenschaft. Sie vertrautem ihm überwiegend fünfstellige, in Einzelfällen auch sechsstellige Beträge an. Einer der Geschädigten, der gerade seinen Betrieb verkauft hatte, soll dadurch sein gesamtes für den Ruhestand vorgesehenes Vermögen verloren haben. In einem sogenannten Adhäsionsverfahren versuchen einige Anleger, sich parallel zum Strafprozess zivilrechtliche Ansprüche zu sichern. Es gilt aber als fraglich, ob bei T. noch viel zu holen ist.

Mit Anlegergeld Luxuswohnung bezahlt

Die Gelder verwendete T. der Anklage zufolge, um seinen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren. So habe er damit die Anzahlung für eine Luxuswohnung geleistet sowie Steuer- oder Kreditkartenschulden beglichen. Einen Teil habe er genutzt, um „Ausschüttungen“ an Eventus-Anleger zu leisten. Bei der defizitären Genossenschaft habe es sich um ein „Schneeballsystem“ gehandelt, das nur durch neues Kapital aufrechterhalten werden konnte, sagte die Oberstaatsanwältin. Wegen des Falls Eventus, bei dem der Schaden etwa zehn Millionen Euro betragen soll, laufen weiterhin Ermittlungen wegen Betrugs und Untreue.

Marco T., der als Beruf „Finanzberater“ angab, sitzt seit September vorigen Jahres in Untersuchungshaft. Sein Verteidiger kündigte an, er werde im Prozess zur Sache aussagen. Dies wird für die Fortsetzung am Dienstag nächster Woche erwartet.