Bei Anne Will war der Dürre-Sommer 2018 Thema. Der Klimawandel wird zwar spürbar, aber manche Politiker und Lobbyisten tun so, als hätten wir noch viel Zeit zum Reden, Zweifeln und Klein-klein-Spielen.

Stuttgart - Sie und ihr Produktionsteam wollten abrüsten, hatte Talkerin Anne Will in den letzten Tagen ihrer Sommerpause versprochen. Man mag das für eine seltsame Wortwahl in Bezug auf bloße Gespräche halten, aber sie spiegelt eben die heftige Kritik an der gesamten deutschen Polittalk-Kultur wieder, die sich in der ersten Jahreshälfte Bahn brach. Von steter Skandalisierung, von falschen Krisenszenarien, von der verheerenden Popularisierung immer wieder eingeladener Populisten, vom Krawallfaktor der Quote zuliebe war da viel die Rede.

 

Der bequeme Rest Zweifel

Die gute Nachricht: Eine Krawall-Show war Anne Wills erster Talk nach der Sommerpause mit dem Thema „Der Dürre-Sommer: Wie müssen wir unser Verhalten ändern?“ nicht. Die schlechte Nachricht: Auch diese Gesprächsrunde hat gezeigt, wie unergiebig es ist, wenn Politiker und Lobbyisten aneinander vorbeireden und heiße Luft in den heißen Sommer blasen. Eingeladen waren der Klimaforscher Hans-Joachim Schellnhuber, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), die Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock, Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und Werner Schwarz, der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes.

Klimaforscher Schellnhuber machte eingangs klar, dass der aktuelle Dürresommer Indiz und Folge des Klimawandels sei. Er riss kurz an, woran der strukturelle Wandel sich ablesen ließe und fügte fast süffisant hinzu, das sei eben nicht „sofort intuitiv zu verstehen“. Wie jeder gute Wissenschaftler ließ er sich aber nicht zu Formulierungen wie „absolut sicher“ hinreißen. „Zu 80, 90, 95 Prozent“ sei gewiss, dass dieser heiße Sommer Teil des Klimawandels sei – was genau jenen Rest Zweifel lässt, in dem sich Politik und Lobbyisten gemütlich einnisten. Julia Klöckner versprach, alles genau zu studieren und zu wägen, was da noch an Erkenntnissen käme, aber man müsse immer „am Ende schauen, wie es dem Landwirt geht.“

Bis der Tiger da ist

Das hörte Werner Schwarz vom Bauernverband natürlich gerne. Andreas Pinkwart ging in den Wahlkampfredenmodus, ließ den Klimaforscher nicht mehr zu Wort kommen und lieferte jenen Schwall aus Tatkraftbeteuerung, Beschwichtigung und Klein-klein-Plänen, der genau so lange als Problemtigerzähmung durchgeht, bis der Tiger da ist.

Der Klimawandel sei schon da, beteuerte Annalena Baerbock. Aber in so einer Runde klingt das dann eben auch nur, so richtig es sein mag, nach Redezeitbesetzung für die eigene Partei. Das mag die „abgerüstete“ Version einer Will-Talkshow gewesen sein. Aber die Umwandlung von Schwertern zu Pflugscharen hat man da nicht erlebt.