Rund 1100 Bundeswehr-Soldaten sind in Mali im Einsatz. In Sachen Terrorbekämpfung sind ihnen jedoch weitgehend die Hände gebunden. Das möchte Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ändern. Vom Koalitionspartner kommt umgehend Widerspruch.

Berlin - Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich für ein umfassenderes Mandat der Bundeswehr in der südlichen Sahara ausgesprochen. Das französische Militär sei in der Sahelzone jetzt schon „mit einem viel robusteren Auftrag unterwegs“, sagte die CDU-Politikerin der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Diesen erfülle Frankreich, damit die Bundeswehr und zivile Organisationen dort in Sicherheit etwas aufbauen könnten. Die Partner Deutschlands in Amerika und in Europa fragten aber mittlerweile, ob es bei dieser Arbeitsteilung bleiben könne. Deutschland dürfe sich in dieser Region nicht wegducken.

 

Deutschland werde sich überlegen müssen, „ob wir in unserem eigenen Interesse an Ort und Stelle für Stabilität sorgen wollen, und ob die Bundeswehr hier nicht an der Seite unserer Verbündeten ein robusteres Ausbildungsmandat braucht“. In der Sahelzone entstehe gerade eine große Drehscheibe für Terrorismus, für organisierte Kriminalität, für Migration und Menschenhandel. Sie selbst wolle sich gar nicht vorstellen, was Untätigkeit für Folgen haben könne: „Dann müsste man letztlich um ganz Europa Mauern und Stacheldraht legen.“

Esken kontert umgehend

Der Koalitionspartner wies Kramp-Karrenbauers Vorstoß umgehend zurück. „Wir akzeptieren keine undurchdachten Militäroffensiven und keine Redefinition der deutschen Außenpolitik aus dem Verteidigungsministerium“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Online/Sonntag). Wie bei ihrem Vorstoß zu Syrien agiere die CDU-Vorsitzende wieder ohne Absprache in der Regierung. „Zudem verliert Frau Kramp-Karrenbauer kein Wort darüber, wie gefährlich solch ein Einsatz wäre und wie groß das Risiko für unsere Soldatinnen und Soldaten.“

Wenn es Kramp-Karrenbauer ernst sei mit ihren außenpolitischen Vorschlägen, „dann haben wir die Erwartung, dass sie diese gemeinsam mit dem Außenminister Heiko Maas (SPD) in verantwortungsvoller Zusammenarbeit in der Koalition entwickelt“, sagte Esken. Für die SPD blieben Militäreinsätze „die ultima Ratio“. Kramp-Karrenbauer hatte im Oktober nach dem Einmarsch der Türkei in Nordsyrien die Einrichtung einer internationalen Sicherheitszone in der Region vorgeschlagen und damit die SPD verärgert.

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Frankreich kämpft in Mali und weiteren Ländern der Sahelzone mit der Truppe „Barkhane“ gegen islamistische Terroristen. Ihr gehören etwa 4500 Soldaten an. In Mali sind auch bis zu 1100 Bundeswehr-Soldaten im Einsatz. Sie sind Teil der bislang weitgehend wirkungslosen UN-Mission zur Stabilisierung des Landes (Minusma) sowie der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali.

Das französische Kontingent ist ausdrücklich mit dem Ziel eingesetzt, islamistische Terrorgruppen zu bekämpfen. Im Mandat des Bundestags ist die Teilnahme an Operationen zur Terrorismusbekämpfung dagegen nicht erfasst.

Bitten Frankreichs nicht nachgekommen

Vor Kurzem war bekannt geworden, dass die Bundesregierung die Bitten Frankreichs um eine Beteiligung an einem Einsatz europäischer Spezialeinheiten für den Kampf gegen Islamisten in Mali bereits zwei Mal abgelehnt hat. Frankreich habe in Deutschland und bei anderen europäischer Staaten wegen Unterstützung für den Aufbau einer internationalen Spezialkräfteeinheit („Combined Joint Special Operations Task Force“) angefragt, teilte das Verteidigungsministerium auf eine Anfrage der FDP-Fraktion mit.

In dem als Verschlusssache eingestuften Papier zog das Ministerium bereits eine düstere Bilanz der Sicherheitslage in der Sahel-Region. Die Bedrohungslage sei durch dschihadistische Gruppierungen und organisierte Kriminalität geprägt. Dschihadisten hätten „weitgehende Bewegungsfreiheit“ und könnten „uneingeschränkt agieren“.

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Einer Umfrage zufolge sind 55 Prozent der Deutschen gegen einen stärkeren Einsatz der Bundeswehr zur Lösung außenpolitischer Herausforderungen. Nur 27 Prozent sprachen sich in einer YouGov-Umfrage für die „Welt am Sonntag“ dafür aus. Ohne eine Einbeziehung des Militärs sind die Ergebnisse anders: Dann würden sich 55 Prozent der Befragten für eine stärkeres außenpolitisches Engagement Deutschlands aussprechen.

Bei der Linkspartei stieß Kramp-Karrenbauer ebenfalls auf Widerspruch. Parteichef Bernd Riexinger forderte, Deutschland sollte zur Friedenssicherung „mehr Geld ausgeben statt für sinnlose Einsätze“. FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann stimmte der Ministerin im Grundsatz zu. „Natürlich muss Deutschland international mehr Verantwortung übernehmen.“ Allerdings müsse die Bundeswehr dafür befähigt werden.