In Winnenden haben Polizisten mit ihren Waffen auf Jugendliche gezielt, die mit Spielzeugpistolen hantiert hatten. Immer wieder sorgen täuschend echte Nachbauten und Softairwaffen zu solchen Konfrontationen.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Winnenden - Zwei 15-Jährige mit Spielzeugpistolen haben am Montagabend in Winnenden (Rems-Murr-Kreis) die Polizei auf den Plan gerufen – und sahen sich dabei mit echten Polizeiwaffen konfrontiert. Es ist nicht das erste Mal gewesen, dass Spielzeugwaffen einen Polizeieinsatz provoziert haben: Immer wieder sorgen unbedachte Aktionen für heikle Situationen – manchmal auch mit ernsten Konsequenzen. Und zwar nicht nur im Rems-Murr-Kreis und in Winnenden speziell, wo junge Menschen mit Schusswaffen durch den Amoklauf vom 11. März 2009 schlimme Erinnerungen wachrufen.

 

Im Jahr 2015 etwa wählte ein 34-Jähriger in Stuttgart-Untertürkheim den Notruf und ging, als die Polizei eintraf, zu einem Scheinangriff über. Wegen seiner täuschend echt aussehenden Softairpistole eröffneten die Polizisten das Feuer und verletzten den Mann schwer. Offenbar hatte er psychische Probleme und legte es darauf an, erschossen zu werden.

Erst im Januar hatte ein Soft-Air-Spiel einen Einsatz ausgelöst

Einen glimpflicheren Ausgang – und einen wesentlich harmloseren Hintergrund – hatte im Jahr 2018 das Erlebnis eines damals 72-Jährigen in Fellbach: Der Mann hatte eine Spielzeugpistole gekauft und war dabei beobachtet worden, wie er in der Öffentlichkeit damit hantierte, um sie zu verpacken. Die Polizei rückte an und stellte die Pistole sicher. Am Tag danach wollte der Senior den Vorfall zusammen mit dem Fotografen einer Boulevardzeitung für ein Foto nachstellen – und löste damit einen zweiten Polizeieinsatz aus.

Im Januar 2015 standen sich in Weinstadt bewaffnete Polizisten und zwei maskierte 12- und 13-Jährige gegenüber. Die Kinder hatten Softair-Waffen dabei, die mit Luftdruck kleine Plastikkugeln verschießen können und – in diesem Fall – echten Maschinenpistolen täuschend ähnlich sahen.

Einen erneuten Vorfall mit Softair-Waffen gab es in diesem Januar. Jugendliche waren in Tarnkleidung, mit Sturmhauben und mit Softairs, die echten Sturmgewehren glichen, durch Auenwald-Lippoldsweiler gelaufen. Sie händigten die Attrappen den anrückenden Polizisten aus. Die Polizei Aalen hat in der Vergangenheit an Eltern appelliert, „den Wünschen ihrer Kinder nach solchem Spielzeug zu widerstehen“.

Waffen als Spielzeug: So sieht es das Gesetz

Täuschend echt: Für das öffentliche Führen von Spielzeugwaffen, Nachbauten oder Theaterrequisiten gibt es Vorschriften. So müssen diese auf den ersten Blick als Spielzeug erkennbar sein – zum Beispiel durch auffällige Färbung oder durch rote Pfropfen im Lauf. Sind sie dies nicht, gelten auch nicht schussfähige Spielzeuge als Anscheinswaffen, die man nicht offen in der Öffentlichkeit tragen darf. Wer sie transportiert, muss dies in einem verschlossenen Behältnis tun. Ausnahmen sind Film- und Fotoaufnahmen, Theateraufführungen und Brauchtumsveranstaltungen.

Soft-Air: Oft spielen bei Polizeieinsätzen wegen vermeintlich echter Pistolen sogenannte Soft-Air-Waffen eine Rolle. Dabei handelt es sich vielfach um täuschend echt aussehende Nachbauten, die mit Luft- oder Gasdruck kleine Plastik- oder Metallkügelchen verschießen können. Sie werden zum Beispiel bei militärisch anmutenden taktischen Geländespielen benutzt. Die Nutzung ist nur auf befriedeten Grundstücken erlaubt.

Grenzfall: Ob eine Soft-Air unter das Waffengesetz fällt, hängt von der erreichten Geschossenergie ab. Bleibt diese unter 0,5 Joule, gilt eine Soft-Air als Spielzeug – sie kann aber trotzdem eine Anscheinswaffe sein, die nicht öffentlich getragen werden darf. Solche Soft-Airs sind ab 14 Jahren frei verkäuflich. Wer dagegen eine Soft-Air mit 0,5 bis 7,5 Joule Schussenergie kaufen will, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Oberhalb von 7,5 Joule sind Soft-Airs erlaubnispflichtig und dürfen nur von Volljährigen mit einer Waffenbesitzkarte gekauft werden