Die Zahl der Todesopfer ist nach den Anschlägen in Sri Lanka auf mindestens 359 gestiegen. Zudem gab es weitere Festnahmen.

Colombo - Die Zahl der Todesopfer in Sri Lanka steigt weiter. Die Regierung gesteht derweil „Schwäche“ ein, weil sie die Anschläge nicht verhindert hat - und kündigt Konsequenzen an.

 

Nach den Anschlägen in Sri Lanka ist die Zahl der Todesopfer nach Behördenangaben auf mindestens 359 gestiegen. In der Nacht zum Mittwoch seien zudem 18 weitere Verdächtige festgenommen worden, teilte Polizeisprecher Ruwan Gunasekara am Mittwochmorgen (Ortszeit) mit. Damit seien nun insgesamt 58 Personen in Gewahrsam. Erst am Vortag hatte Ministerpräsident Ranil Wickremesinghe gewarnt, dass noch etliche mit Sprengsätzen bewaffnete Verdächtige flüchtig seien.

Islamischer Staat hat Anschläge für sich reklamiert

Die Terrormiliz Islamischer Staat hat die Anschläge auf Kirchen, Hotels und andere Orte am Ostersonntag für sich reklamiert. Über ihr Sprachrohr Amak verbreitete sie Bilder der mutmaßlichen Attentäter, deren Identität jedoch nicht unabhängig bestätigt werden konnte. Ein sri-lankischer Regierungsvertreter bezeichnete die Bluttaten als mutmaßliche Vergeltung für den bewaffneten Angriff auf Moscheen im neuseeländischen Christchurch im März.

Das Büro der neuseeländischen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern erklärte dazu, dass ihr Land darüber keine nachrichtendienstlichen Erkenntnisse habe.

Der sogenannte Islamische Staat hat sein gesamtes Territorium im Irak und in Syrien verloren und eine Reihe von Anschlägen auf der Welt für sich reklamiert. Sri-lankische Behörden haben die lokale Extremistengruppe NTJ für die Bomben verantwortlich gemacht. Deren Anführer, der unter den beiden Namen Mohammed Zahran und Zahran Hashmi bekannt ist, ist wegen seiner hetzerischen Reden berüchtigt.

Verteidigungsminister gesteht „Schwäche“

In einer Ansprache vor dem Parlament gestand Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene „Schwäche“ innerhalb des staatlichen Sicherheitsapparates ein. Dadurch seien die Anschläge nicht verhindert worden. „Inzwischen ist festgestellt worden, dass der Anschlag Geheimdiensteinheiten bekannt war und eine Gruppe verantwortlicher Personen über den bevorstehenden Anschlag informiert war“, sagte er. „Diese Information wurde jedoch nur unter wenigen Beamten geteilt.“

In einer Live-Fernsehansprache am Dienstagabend sagte Präsident Maithripala Sirisena, auch er sei nicht über die drohende Gefahr informiert worden. Er kündigte „strenge Maßnahmen“ gegen diejenigen an, die die Informationen nicht weitergaben. Außerdem sprach er sich für eine Restrukturierung der Sicherheitskräfte aus.

Die Regierung blockierte die meisten sozialen Netzwerke, nach eigenen Angaben um die Verbreitung von Falschnachrichten zu verhindern.

Bei insgesamt neun Explosionen waren auch mehr als 500 Menschen verletzt worden. Auf drei Kirchen und drei Luxushotels waren fast zeitgleich Selbstmordattentate verübt worden. Zwei weitere Anschläge gab es Stunden später in einem Gästehaus und an einer Überführung am Rand der Hauptstadt Colombo. Als Beamte ein mutmaßliches Versteck durchsuchen wollten, zündeten Bewohner Sprengsätze und töteten drei Beamte.

Geschichte ist voller Konflikte

Die Geschichte in dem überwiegend buddhistischen Sri Lanka ist voller ethnischer und religiöser Konflikte. Unter den 21 Millionen Einwohnern gibt es große hinduistische, muslimische und christliche Minderheiten.

Während des 26 Jahre andauernden Bürgerkriegs führten tamilische Separatisten, die sogenannten Tamil Tigers, Selbstmordanschläge aus. Christen waren jedoch eher nicht ihr Ziel. 2009 wurden die Separatisten besiegt. Zuletzt hatte es insbesondere unter buddhistischen Nationalisten vermehrt antimuslimische Intoleranz gegeben.

Im März vergangenen Jahres plünderten Buddhisten Geschäfte und setzten Häuser in muslimischen Vierteln in Kandy in Brand. Die Stadt liegt im Zentrum des Landes und ist bei Touristen beliebt. Anschließend blockierte die Regierung ebenfalls soziale Medien, in der Hoffnung, die Verbreitung von Falschmeldungen oder Drohungen zu verhindern, die weitere Gewalt provozieren könnten.

Sri Lanka ist nicht für militanten Islamismus bekannt.