Ein geplantes Blutbad am Rathaus Fellbach und dem Amtsgericht Waiblingen, Stalking, Bedrohung – die Vorwürfe, derentwegen eine 25 Jahre alte Frau aus Fellbach derzeit vor dem Stuttgarter Landgericht steht, wiegen schwer. Am Freitag hat sie sich erstmals zu den zentralen Punkten der Anklageschrift geäußert. Der Prozess geht derweil auf die Zielgerade.
Bei einem Umzug stoßen Helfer auf Gewalt- und Sexfantasien
Dass die junge Frau in ihrer Sozialunterkunft hunderte Seiten mit niedergeschriebenen und gezeichneten Gewalt- und Sexfantasien, minutiöse Anschlagsplanungen auf das Rathaus und das Gericht sowie ein umfassendes Waffenarsenal mit Rohrbomben, Harpunen, Schreckschusswaffen und Macheten aufbewahrt hatte, ist unbestritten. Der Anlass dafür befinde sich „in ihrer Lebensbiografie“, führte die 25-Jährige aus: Sie sei schon an ihrer Realschule in Fellbach-Schmiden gemobbt und geschlagen worden. Im Jahr 2014 kündigte sie dort schriftlich einen Amoklauf an: „Ich wollte ihn allerdings nicht in die Realität umsetzen, das war ein Ausdruck meiner inneren Wut.“ Zeit ihres Lebens sei sie wegen ihrer Andersartigkeit „unterdrückt, diskriminiert, bedroht und beleidigt“ worden, auch Ämter hätten sie drangsaliert und bevormundet.
Die Anschlagspläne und die Waffensammlung waren bei einem vom Rathaus Fellbach angeordneten Umzug entdeckt worden . „Ich rechnete damit, dass die Tagebücher gefunden würden“, so die Fellbacherin. Sie habe mit einer Strafe gerechnet, als sie die Aufzeichnungen in ihrer alten Sozialwohnung gelassen habe. Ihre Gewaltfantasien seien nichts weiter als ein Ventil für „jahrelanges Unrecht“, das ihr widerfahren sei. Die Richterin hakte nach, warum sie dann ihre große Waffensammlung in die neue Unterkunft mitgenommen hatte. „Die Sammlung gehört zu meinen Hobbys“, behauptete die Angeklagte. Sie habe geplant, die Waffen zu verkaufen.
In einem weiteren Punkt musste die Öffentlichkeit am Freitag außen vor bleiben: Der psychiatrische Sachverständige stellte sein Gutachten zur psychischen Verfassung und der Schuldfähigkeit der jungen Frau hinter verschlossenen Türen vor. Der Verteidiger der Fellbacherin hatte dies beantragt. Das Gericht schloss die Öffentlichkeit mit der Begründung aus, in dem Gutachten kämen Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich der Angeklagten zur Sprache. „Diese verdienen Schutz vor dem Einblick Außenstehender“, so die Richterin.
Schuldfähig trotz Borderline-Störung?
Auch wenn über den Wortlaut des Gutachtens nichts bekannt ist: Es erscheint gut möglich, dass die 25-Jährige als schuldfähig eingestuft werden könnte. So hatte es im November 2023 vor dem Amtsgericht Waiblingen ein Urteil gegen sie in einer anderen Sache gegeben. Auch damals gab es ein – wenn auch weniger ausführliches – psychiatrisches Gutachten, das zum Schluss kam, sie sei schuldfähig.
Auch während des Prozesses gab es bislang keine Hinweise darauf, dass die 25-Jährige Stimmen hörte, Wahnvorstellungen hatte oder in ihrer Steuerungsfähigkeit eingeschränkt sein könnte. Zwar hat sie offenbar eine Borderline-Persönlichkeitsstörung und legte laut Zeugen oft ein Verhalten an den Tag, das Außenstehenden wunderlich erschien – etwa ihre stets schwarze Kleidung und das Tragen einer Sonnenbrille, soziale Isolation, stundenlanges Schreien als Reaktion auf Ruhestörungen durch Kinder, das Werfen von Gegenständen durch das Fenster ihrer Unterkunft. Zudem war sie schon mehrfach in psychiatrischer Behandlung und gab an, an Depressionen zu leiden. Doch ob der Punkt erreicht ist, an dem sie aufgrund ihrer Probleme keine Einsicht über Recht und Unrecht mehr hatte, ist fraglich – zumal sie in ihren Planungen nebst Waffen-Einkaufslisten äußerst strukturiert und akribisch vorgegangen war.
Der Prozess um die Amokpläne geht voraussichtlich am 5. Juni zu Ende. Da auch in den Plädoyers Details aus der Privatsphäre der Angeklagten zur Sprache kommen, werden auch sie hinter verschlossenen Türen gehalten – das Urteil, das am selben Tag fallen soll, wird aber voraussichtlich öffentlich verkündet. Das Strafmaß für die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat, die ihr vorgeworfen wird, liegt in einem Rahmen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft.