Jerusalem ist von einem Anschlag erschüttert worden, bei dem vier jüdische Betende und die zwei Angreifer ums Leben kamen. Regierungschef Netanjahu kündigt wie oft zuvor eine „harte Hand“ an. Palästinenser fordern ein Ende der Provokationen.

Jerusalem/Ramallah - Ein Terroranschlag von Palästinensern auf eine Synagoge in Jerusalem mit vier Toten hat Hoffnungen auf eine Beruhigung der angespannten Lage zunichtegemacht. Die zwei Angreifer töteten am Dienstag vier jüdische Betende und verletzten acht weitere. Die Täter aus dem arabischen Ostteil Jerusalems wurden nach wenigen Minuten von Polizisten erschossen. Sie griffen die Betenden in dem Gotteshaus in Har Nof mit Messern und Äxten an und feuerten Schüsse ab. Es war der erste tödliche Anschlag auf eine Synagoge in Jerusalem. Drei der Opfer stammten aus den USA und eines aus Großbritannien, wie Polizeisprecher Micky Rosenfeld bestätigte.

 

Augenzeugen sprachen von einem „Massaker“ unter den Betenden. Tausende Menschen nahmen später an den Begräbnissen teil. In den vergangenen Wochen hatte es eine ganze Serie von Anschlägen auf Israelis gegeben. Seit dem Abbruch der Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern im April ist die Lage in Nahost immer weiter eskaliert.

Suizid oder Lynchmord?

Zuletzt sorgte der Tod eines arabischen Busfahrers, der am Sonntag erhängt aufgefunden worden war, bei den Palästinensern für neuen Zorn. Eine israelische Autopsie ergab, der Mann habe Suizid begangen. Palästinenser gehen dagegen von einem Lynchmord durch jüdische Siedler aus. Der Fall heizte die Stimmung weiter an, die ohnehin nach einem Streit um die Nutzung des Tempelbergs in Jerusalem (Haram al-Scharif), der Muslimen und Juden heilig ist, sehr angespannt war.

Die radikale Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) teilte mit, zwei ihrer Mitglieder hätten den Anschlag verübt. Die Organisation rief alle palästinensischen Fraktionen dazu auf, „gemeinsam Widerstand gegen die (israelische) Besatzung zu leisten“.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor, für den Anschlag mitverantwortlich zu sein. Der Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet, Joram Cohen, widersprach jedoch kurz darauf Vorwürfen Netanjahus, Abbas hetze zu Gewalt gegen Israel auf. „Abu Masen (Abbas) ist nicht an Terror interessiert und hetzt nicht zur Gewalt auf, auch nicht unter der Hand, obwohl ein Teil der Öffentlichkeit seine Äußerungen so auslegt“, sagte Cohen.

Abbas hielt am Dienstag eine Sicherheitsberatung ab und rief zum Stopp von Anschlägen auf. Während er den Anschlag auf das Gotteshaus und den Tod von Gläubigen verurteilte, sprach die radikal-islamische Hamas von einer „heroischen Tat“. Es sei die Rache für den Tod des arabischen Busfahrers sowie Israels Vorgehen auf dem Tempelberg.

Netanjahu sagte, man werde „mit harter Hand auf den grausamen Mord an Juden reagieren, die beten wollten und die von heimtückischen Mördern getötet wurden“.

Bei einem ähnlichen Anschlag im Jahre 2008 hatte ein palästinensischer Angreifer in einer jüdischen Religionsschule in Jerusalem acht Studenten getötet.

Anschlag international verurteilt

US-Außenminister John Kerry verurteilte den Terrorakt und sprach von sinnloser Brutalität. Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte vor einer neuen Spirale der Gewalt. „Dass Gotteshäuser zum Schauplatz von tödlichen Angriffen auf unschuldige Gläubige werden, ist eine schreckliche Grenzüberschreitung in einer ohnehin extrem angespannten Lage“, sagte Steinmeier am Dienstag bei einem Besuch in Kiew.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief beide Seiten zur Zurückhaltung und zu einer Rückkehr zu Friedensgesprächen auf. „Der Mangel an Fortschritten auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung führt automatisch zur nächsten Runde der Gewalt“, sagte sie.

Israels Polizeiminister Izchak Aharonovich will angesichts der jüngsten Anschlagswelle die Ausgabe von Waffenscheinen erleichtern. Im Gespräch mit dem israelischen Rundfunk kündigte Aharonovich weitere Maßnahmen gegen neue Anschläge an. An den Eingängen von Synagogen in Jerusalem solle die Sicherheit verstärkt werden. Die Grenzpolizei werde Reservisten einberufen.