Mit dem neuen Antennen-Standard DVB-T2 sind künftig 40 HD-Sender empfangbar. Doch das verursacht Zusatzkosten.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Der 29. März 2017 ist ein wichtiger Tag für viele TV-Zuschauer. Dann startet in vielen Ballungsräumen der Regelbetrieb für das neue Antennenfernsehen DVB-T2 HD. Der Vorteil: Rund 40 Programme sind künftig auch ohne Kabel- oder Satellitenanschluss in besserer digitaler Bild- und Tonqualität empfangbar. Die schlechte Nachricht: Man muss dafür neue Empfänger kaufen und private Sender extra bezahlen.

 

Und es kommt noch heftiger: Das Antennenfernsehen DVB-T wird mit dem Umstieg auf die neue Sendenorm abgeschaltet. Mit den bisherigen Geräten bleibt der Bildschirm also künftig schwarz. „Rund drei Millionen Haushalte, die bisher DVB-T in den Ballungsgebieten empfangen, brauchen spätestens dann neue Geräte“, sagt der Sprecher des Projektbüros DVB-T2 HD Deutschland, Veit Olischläger. Vor allem für Zweit- oder Drittgeräte sowie mobilen Empfang wird DVB-T gerne genutzt.

Experten schätzen, dass allein mindestens fünf Millionen TV-Empfangsboxen durch die Umstellung zu wertlosem Elektroschrott werden. Anders als zunächst debattiert soll es keinen Parallelbetrieb der bisherigen und neuen Signale geben. Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern wurde das lange erwogen, aber letztlich verworfen.

DVB-T nutzt ein Fünftel der Haushalte in Deutschland

DVB-T steht für „Digital Video-Broadcasting - Terrestrial“ und ist ein Sendeverfahren, das digitale TV-Signale über terrestrische Sender verbreitet. Ab 2003 ersetzte DVB-T zunächst in Berlin, später bundesweit den analogen Fernsehempfang. Mittlerweile nutzen mehr als 7,4 Millionen Haushalte diesen sehr kostengünstigen Empfangsweg am TV-Gerät, Laptop oder auf Mobilgeräten. Das ist fast ein Fünftel der Haushalte, in Kernregionen wie Bremen sind es sogar 35 Prozent.

Der Umstieg gilt auch politisch als heißes Eisen. Denn nicht nur Millionen Empfänger sind zu ersetzen, auch die privaten Programme sind künftig über Antenne erstmals nur noch gegen Bezahlung zu sehen. Der Empfang von Pro7, RTL, Sat1 & Co. mit DVB-T2 wird ab 1. Juli 2017 generell 69 Euro pro Jahr und Gerät kosten. ARD, ZDF & Co werden dagegen wie bisher nach der Umstellung ohne Zusatzkosten zu sehen sein. Seit einigen Wochen werden Zuschauer über Laufbänder in DVB-T-Programmen über den Umstieg informiert. Mit einem Empfangscheck kann man sich per Internet (www.DVB-T2HD.de) informieren, wann konkret umgestellt. Experten wie Olischläger raten, beim Kauf neuer Empfangsgeräte unbedingt auf das grüne DVB-T2 HD-Logo zu achten. Es garantiert, dass die Geräte für die neue Norm taugen. Das ist wichtig, denn in Nachbarländern wie Österreich eingesetzte Empfänger funktionieren in Deutschland nicht.

DVB-T2-Receiver kosten meist ab 60 Euro aufwärts. Die billigste Variante kann nur öffentlich-rechtliche Programme empfangen. Kaum teurer sind Geräte, bei denen das Entschlüsselungssystem für die Privatsender integriert ist. Darauf weist das Logo „Freenet TV“ hin. Kostenlos ist der Empfang aber nur noch in der Testphase bis Ende Juni 2017. Danach wird die Jahreszahlung von je 69 Euro fällig. Wer nicht zahlt, kann aber auf allen Geräten ARD, ZDF Co. weiter ohne Zusatzkosten schauen.

Der Testbetrieb läuft seit Ende Mai auch im Ballungsraum Stuttgart

Freenet TV ist ein Service der Media Broadcast und diese wiederum eine Tochter des drittgrößten deutschen Mobilfunkbetreibers Freenet. Media Broadcast hat eine lange Historie und entstand aus Teilen der Bundespost, die für die Verbreitung der ZDF-Programme zuständig waren. Danach gehörte die Firma zur Telekom und später Finanzinvestoren, bevor Freenet das Unternehmen kaufte. Die Mobilfunkfirma will mit Freenet TV im Fernseh- und Onlinemarkt mitmischen und per DVB-T2 eine günstige Alternative zu Kabelanbietern wie Unitymedia oder Vodafone/Kabel Deutschland werden.

Der Testbetrieb von DVB-T2 HD läuft seit 31. Mai in vielen Regionen, auch im Ballungsraum Stuttgart. Pünktlich zur Fußball-EM und der Olympiade in Rio wurden erstmals auch terrestrisch die schärferen Bilder im hochauflösenden Format High Definition (HD) ausgestrahlt. Bisher sind sechs HD-Programme (ARD, ZDF, RTL, Pro 7, Sat 1, Vox) empfangbar, ab 29. März sollen es rund 20 private und 20 freie Sender sein. Bis Mitte 2019 sollen der Umstieg abgeschlossen und auch ländlichere Regionen angeschlossen sein.

Regional wird es aber erhebliche Unterschiede geben. So gilt es als wenig wahrscheinlich, dass in dünner besiedelten Regionen sich die Privatsender an DVB-T2 beteiligen. Schon bei DVB-T waren einigen Unternehmen die Kosten dieses Verbreitungswegs zu hoch. Selbst in Stuttgart wie anderen Ballungsgebieten sind private Sender über DVB-T gar nicht empfangbar, in München stieg RTL sogar aus.