Techno-Bässe wummerten bei der Demo gegen die Tariferhöhung der Gema über den Schlossplatz. Die Teilnehmer fürchten um die Club-Landschaft, weil Club-Betreiber durch die höheren Abgaben in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Das Interesse an der Demo aber blieb gering.

Stuttgart - Der Techno-Bass wummert über den Schlossplatz. Ein Raver zuckt fröhlich vor sich hin, während eine ältere Dame in Trekking-Sandalen den jugendlichen Tanzstil eher kritisch beäugt. Manch Passant mag sich am Donnerstagnachmittag gefragt haben, ob die City Initiative einen Königstraßen-Rave veranstaltet, um rhythmisch dem Konsum zu huldigen. Dabei ging es dem Organisator des Protests, dem Verein „Kultur retten“, vielmehr darum, gegen die Tariferhöhungen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) zu demonstrieren. Die Demo stieß aber auf wenig Interesse.

 

Dabei lässt sich mit der Abkürzung der Vereinigung scheinbar wunderbar Schindluder treiben. Zustimmende „Gema heim“ -Rufe wurden laut, als Swen Jamrich, der Sprecher der Stuttgarter Fraktion des Berliner Vereins „Kultur retten“, in seiner Begrüßungsrede forderte, die „alte und verkrustete Gema müsse dringend reformiert werden“. „Gema Waranga“, lautete die Replik eines kleinen Grüppchens, das sich lieber in die gleichnamige Bar aufmachte, statt weiter am Protest teilzunehmen. Die wenigen anwesenden Veranstalter und DJs schüttelten angesichts der etwas unbeholfen wirkenden Demo den Kopf. Dabei sind Konzertagenturen und Club-Betreiber von den Tarifänderungen der Gema genau gleich betroffen wie alle anderen Institutionen, die öffentlich Musik abspielen.

Club-Landschaft in Gefahr

Vorwurf der Kritiker: Der Verteilungsschlüssel sei intransparent, die Strukturen der Institution veraltet und mit einer Reform des Tarifsystems, die 2013 in Kraft treten soll, gefährde die Gema überdies die Club-Landschaft.

„Die Tarifreform bedeutet nach meinem Verständnis, dass wir eine Verzehnfachung der Gebühren haben werden. Dann müssten wir die Getränke- und Eintrittspreise deutlich erhöhen“, sagt Axel Steinbeck, Betreiber des Stuttgarter Clubs Schräglage.

„Dreist und unverschämt“

„Die Rechtfertigung der neuen Gebühren ist dreist und unverschämt und in der Höhe schwer nachvollziehbar. Die monopolistische Stellung der Gema ist bedenklich. Alternativvereine wären erstrebenswert“, ergänzt DJ Emilio, bürgerlich Emil Calusic, seit 15 Jahren Gema-Mitglied. Die Kritik an der Gema wird aber nicht nur im Party-Bereich laut: „Wir haben bereits seit 2010 eine Erhöhung der Gema-Abgaben. Bei Konzerten mit bis zu 2000 Besuchern wurde eine Erhöhung von 3 Prozent im Jahr 2010 auf 5 Prozent im Jahr 2014 im Tarif beschlossen. Bei Konzerten mit 2000 und mehr Besuchern sogar auf 7,2 und mit 15 000 und mehr Besuchern auf 7,65 Prozent“, erklärt Hans-Peter Haag vom Stuttgarter Konzertveranstalter Music Circus. Kulturschaffende wie Martin Blankenhorn, der Betreiber der Stuttgarter Clubs Universum und Goldmark’s, sehen gerade die kleineren Konzerte künftig in Gefahr. Blankenhorn: „Ich vermute. dass die Gema ihre Tarife erhöhen will, weil sie Verluste wegen der Einbrüche im Tonträger-Verkauf kompensieren muss.“

Immerhin habe Blankenhorn gerade Post von der Gema bekommen, in der sie Club-Betreiber dazu auffordert, über ihre Interessenverbände den Dialog mit der Gema wieder aufzunehmen. „Ich werte das als ein Zurückrudern, die Zahlen der Gema lesen sich jetzt anders, als die, die zuerst veröffentlicht wurden.“

Die Stuttgarter Veranstaltung war übrigens Teil eines bundesweiten Protesttags gegen die Tariferhöhungen der Gema. In anderen Städten – wie etwa Berlin oder Hamburg – war deutlich mehr los. Insgesamt 285 000 Menschen haben überdies bisher eine Online-Petition gegen die Gema unterschrieben.